Thor-Alltag bei Seegang

Jetzt, wo wir auf dem Nordatlantik sind, spürt man den Seegang in allen Alltagssituationen und Krängungen von je nach Wetterlage fünf bis über 30 Grad im Abstand von nur wenigen Sekunden machen das Leben, sagen wir mal, interessanter. Im Allgemeinen sorgt der Seegang dafür, dass alles, was nicht „Seefest“ ist, im Zweifel unsanft seinen Ort ändert. Außerdem muss man sich langsamer fortbewegen und das Tragen von schweren Dingen ist viel komplizierter als sonst.

Als erstes möchte ich darauf eingehen, wie das Wachegehen von starkem Seegang beeinflusst wird: Zum regulären Wachbetrieb gehört, wie ihr sicherlich alle wisst, das Ruder- und Ausguckgehen, Sicherheitsronden und Segelmanöver. Die Schwierigkeit beim Rudergehen ist im Wesentlichen, dass es um einiges schwerer geht, das Ruder gegen die Wellen durch das Wasser zu schieben. Aus diesem Grund hatten wir in den letzten Tagen immer wieder einen zweiten Rudergänger, welcher den eigentlichen Rudergänger unterstützt. Auch der Kraftaufwand an Ort und Stelle zu bleiben, ist am Ruder wie auch im Ausguck erheblich größer, weshalb man sich besonders als Rudergänger mit seinem Klettergurt sichert. Auch in diesen Positionen besteht bereits die Möglichkeit, bei besonders großen Wellen nass zu werden, die Gefahr dazu ist allerdings auf Sicherheitsronden oder Segelmanövern um einiges größer, da man sich hier häufig auf dem tiefergelegenen Hauptdeck oder Vordeck befindet. Hier kann es schnell passieren, dass man in eine zwei Meter hohe Welle gerät und danach von Kopf bis Fuß klatschnass ist.

Ein anderer regelmäßiger Teil des Bordalltages, bei dem der Seegang eine Rolle spielt, ist das Reinschiff. Eimer und Kanister rutschen umher, wenn es ganz blöd läuft, kippen sie auch noch um, verteilen sich mit der Welle gleichmäßig in der Umgebung und wir dürfen von vorne anfangen. Zusätzlich müssen wir uns ständig festhalten, da wir sonst auf dem eingeseiften Boden Achterbahn fahren.

Mindestens so wichtig wie Wache und Reinschiff sind die Mahlzeiten, auch hier kann es seegangsbedingt zu Komplikationen kommen. Das heißt, dass Dinge wie Salzstreuer, Teller, Besteck und vieles mehr entweder festgehalten werden müssen oder unsanft ihren Ort ändern. Außerdem wird an vielen Tischen schon vor dem Einschenken die Regel festgelegt, dass alle Becher sofort gelehrt werden, da es sowieso viel zu oft passiert, dass einer umkippt und alles nass ist. Besonders spannend ist das Verzehren von flüssigen Soßen oder Suppen, da man hierbei ständig mit einer Hand den Teller balancieren muss, um die Wellen auszugeichen, was häufiger schiefgeht als man erwarten würde.

Wo wir gerade schon beim Thema „Essen“ sind, würde ich gerne direkt noch auf Backschaften bei starkem Seegang zu sprechen kommen. Ebenso wie bei den Mahlzeiten und sonst eigentlich auch überall, muss man in der Backschaft extrem aufpassen, dass alles sicher verstaut ist, sonst könnte es passieren, dass das Mittagessen im Abfluss landet oder jemandem ein Topf auf den Fuß fällt. Vor allem, wenn fettiges Essen gekocht wird, muss man sehr aufpassen, da der Boden dann sehr schnell rutschig wird.

Kommen wir zum vorletzten Programmpunkt eines normalen Nordatlantik-Tages: der Zeit zwischen Abendessen und ins Bett gehen. Diese Zeit wird besonders seitdem alle Tests geschrieben wurden immer mehr für Spiele aller Art genutzt, besonders an jedem Freitagabend, während dem allgemeinen Spieleabend. Kartenspiele sind noch einigermaßen realisierbar, aber auch hier muss man sich konzentrieren, damit alles an Ort und Stelle bleibt. Deutlich schwieriger wird es allerdings schon bei Spielen wie Monopoly oder meinem „Stamm-Spiel“: Siedler von Catan. Es kommt eine große Welle und wie sagt man so schön? Die Karten werden neu gemischt. Ein weiteres Problem, welches durch Seegang während dem Sitzen in der Messe entsteht, ist, dass man, wenn man alleine auf der Bank sitzt, die komplette Länge entlang rutscht und aufpassen muss, nicht auf dem Boden zu landen.

Der letzte Programmpunkt eines Tages sollte im besten Falle das Schlafen sein. Auch hier haben manche Schwierigkeiten, da sie in der Koje so stark hin und her rollen, dass sie nicht mehr schlafen können. Dieses Problem ist je nach Person unterschiedlich, bei mir persönlich merke ich es nur bei besonders starkem Seegang.

Wie wir jetzt gesehen haben, ist der Seegang an Bord allgegenwertig und erschwert viele Alltagssituationen, trotzdem macht er viele Dinge auch schöner und zumindest ich liebe es, von Wellen ein wenig durchgeschaukelt zu werden.

KUS-Ticker

Samstag, 11.03.2023

Mittagsposition: 32°58,7’N; 40°07,5’W
Etmal: 152,0 sm
Wetter: leicht bewölkt; Temperatur: Luft 17,5°C, Wasser 19°C; Wind: W 8

  • 08:00 Uhr Halse
  • 10:00 Uhr Projektetreffen

Sonntag, 12.03.2023

Mittagsposition: 34°35,6’N; 038°00,2’W
Etmal: 147,3 sm
Wetter: leicht bewölkt; Temperatur: Luft 18,5°C, Wasser 18°C; Wind: SW 5

  • 10:00 Uhr Großreinschiff
  • 14:00 Uhr Referat Seeungeheuer von Franziska
  • 15:00 Uhr Verkündung der Positionen für die Schiffsübergabe