Die Phänomene des Picos

Glitzernde und funkelnde Büsche, als ob in ihnen Diamanten liegen würden. Ein Wolkenmeer, das unsere Position gar nicht so hoch erscheinen lässt. Ein Boden, der in der Bewegung eingefroren zu sein scheint. Das alles sah ich, während ich auf dem Weg zur Spitze des höchsten Berges Portugals unterwegs war.

Wir standen heute Morgen auf, noch bevor die ersten Sonnenstrahlen das Deck erreichen konnten. Während es dann langsam anfing zu dämmern, trafen wir die letzten Vorbereitungen, um diesen Tag genießen zu können. Auf der Fähre zur Nachbarinsel Pico sind wir langsam richtig wach geworden oder erst recht wieder eingeschlafen. Wir wanderten durch die Wolken und kamen uns vor, als würden wir durch ein Filmset laufen. Die Landschaft war beeindruckend und doch schien sie nach drei Metern wieder in einer weißen Wand zu enden. In der Luft wirbelten winzige Wassertröpfchen. Aber sie waren so leicht, dass sie wieder aufstiegen oder umeinander herumwirbelten, statt auf dem Boden anzukommen. Dieses Getümmel blieb fast unbemerkt, war aber bei einer genauen Beobachtung sehr faszinierend. Dadurch sahen wir auch einige Regenbögen in der relativ kurzen Zeit. Ich blickte einmal nach rechts und keine fünf Meter neben uns endete der Regenbogen! Leider mussten wir dabei feststellen, dass dort keinesfalls ein Schatz wartete. Wir liefen weiter, durchstießen diese Szenen und durchbrachen die Wolken. An den Büschen blieben die Wolken hängen, sodass an jedem Blättchen ein Wassertropfen klebte, der ganz kurz vor dem runtertropfen war. Diese erzeugten das Glitzern, das ich sah. Der Höhepunkt der Wanderung war noch gar nicht erreicht und trotzdem hatten wir schon so viel Schönes gesehen.

Dann kamen wir diesem schließlich näher. Wir kraxelten auf den Piquenhio. Das ist der Kegel, der bei der dritten Eruption entstanden ist. Wir standen da oben und ganz plötzlich rissen die Wolken auf und wir sahen die Küste, die winzigen Wellen auf dem Meer und versuchten, sogar die Thor im Hafen von Faial zu entdecken. Wir standen auf den höchsten Felsen. Der Wind blies durch unsere Schichten an Kleidern durch und trotzdem waren wir alle superglücklich und kosteten den Moment aus. Wir hatten es geschafft. Morgens standen wir noch auf Meereshöhe und blickten diesen Giganten vor uns an und dann hatten wir plötzlich 2351 Meter bewältigt. Da wir davor einige Zeit nur die 50 Meter auf unserem Schiff gelaufen sind, hatte jeder so seine Sorgen, was die Besteigung des Picos anging. Unser Respekt stieg sogar noch, als wir (wieder unten angekommen) hochblickten.

Doch davor stand noch eine kurze, aber dafür rasante Schneeballschlacht in der Caldera an. Wer hätte gedacht, dass wir diesen Winter doch noch Schnee erblicken würden? Nach diesem kurzen Zwischenstopp ging es dann aber wirklich runter. Über uralte, festgewordene Lavaströme, denen man die Fließrichtung noch deutlich ansehen konnte, stiegen wir behutsam ab. Einige sahen darin Drachen, andere waren darauf fokussiert, nicht hinzufallen. Als Snack zupften wir uns immer wieder Eiszapfen von den Büschen. Weiter oben waren die Wassertropfen an den Büschen zu Eiszapfen geworden und boten uns eine leckere Erfrischung.

Von unserem Liegeplatz aus blicken wir direkt auf den Pico. Er ist meistens wolkenverhangen und dazu passen auch unsere Erfahrungen auf ihm. Er ist ein Symbol für die Existenz der Azoren und so auch für die Azoren selbst. Er bestimmt die Erscheinung der Insel und das Leben ihrer Bewohner maßgeblich. Er sorgt unter anderem für besonders fruchtbare Böden und ausgeprägten Tourismus. Aber nun ist er für uns auch ein Abbild unseres Erlebnisses und für viele in ein anderes Licht getaucht.