Müll in (Plastik-)Hülle und Fülle

Ich laufe zwischen den kahlen, schroffen Felsen der Südküste der Vulkaninsel Faial umher und suche. Suche nach dem, was ich auf dieser Reise schon überall gesehen habe, was überall zu finden ist, egal ob im tiefen Blau des Atlantiks oder an den weißen Stränden der Karibik. Müll, immer wieder, egal wo man hinsieht. Es ist allseits bekannt, dass der Mensch im Vergleich zu Tieren sich nicht der Natur anpasst, sondern die Natur durch den Menschen verändert wird, zum Beispiel durch den Müll, den der Mensch produziert. Die Natur würde von einem Menschen allein wohl kaum sonderlich beeinflusst werden, doch wenn fast acht Milliarden von diesen Menschen mit und in der Natur leben, dann hat dies verheerende Folgen für die Natur und für die Menschen. Genau diese Folgen sollte ich an diesem Tag an einem Strand an der Südküste Faials nahe des Küstenortes Castelo Branco in Fülle zu sehen bekommen.

Gespannt auf das, was uns erwarten wird, liefen wir Schüler an einem bewölkten Vormittag von Bord, um an verschiedenen Orten auf der Insel Faial zusammen mit Einheimischen die Strände und Küsten von angeschwemmtem Müll befreien zu können.

Um die Küste Faials von Müll zu befreien sowie auch in Kontakt mit Einheimischen treten zu können, trafen wir uns an der Promenade Hortas auf einem kleinen Platz nahe vom Hafen mit freiwilligen Müllsammlern der Insel, die Müllsammelaktionen über der Insel verteilt organisieren. Zunächst wurden wir in sechs kleinere Gruppen aufgeteilt. Danach kamen zu jeder Gruppe zwei oder drei Erwachsene hinzu, die uns die nächsten Stunden beim Müllaufsammeln betreuen sollten. Ein gelber kleiner Schulbus holte uns kurze Zeit später ab und fuhr uns entlang grüner Felder und Kuhwiesen durch die kleinen Küstendörfer, bis wir an einem kleinen Park am Meer hielten und ausstiegen. Anschließend machten wir uns mit Handschuhen und großen Arbeitssäcken bewaffnet auf den Weg zum Meer, um den Kampf gegen den angespülten Müll beginnen zu können. Wir verteilten uns um die Felsen und hielten Ausschau, nach auf den Boden, in den Felsritzen und unter dem Sand liegendem Abfall. Ich musste nicht lange suchen, bis ich die erste Plastiktüte, in einem Stück Treibholz verfangen, erblickte. Doch nicht nur Plastik lag überall unter Steinen und Gras versteckt, erstaunlich viel Metall lag über den ganzen Küstenabschnitt verteilt, genauso wie Styropor. Ich staunte nicht schlecht, als ich auf die vielen noch brauchbaren Gegenstände sah, die fast wie neu ausschauten und vom letzten Sturm angespült wurden. Schnell füllte sich der Sack, doch der Großteil des Mülls lag trotzdem noch halbversteckt im Sand oder zwischen Felsritzen verfangen. Überall schwirrten Fliegen und fleuchten Kellerasseln über den Plastikflaschen, Plastiktüten und Gummidichtungen und bedienten sich an den für sie benutzbaren Dingen. Traurig und erschreckt von der Masse an Müll, die nur durch Wind und Strömung an diesen sonst so natürlichen Abschnitt Natur gelangt, verließen wir nach guten zwei Stunden Müllaufsammeln die Bucht und trugen neun schwere, bis zum Rand volle Säcke an Müll in den Kofferraum eines Mini-Laders. Auf den Weg von der Bucht hoch zur Straße entdeckte ich im Vorbeigehen weiteren Müll, der mir zuvor auf dem Hinweg gar nicht aufgefallen war. Fast schon natürlich hob ich einen Schuh, drei Plastikflaschen und eine Menge von Metallstücken auf.

So oft sah ich in den Nachrichten und während unserer Reise schwimmende Plastikfelder inmitten der Ozeane oder Strände voller Plastik. Zu selten habe ich zuvor etwas gegen die Müllüberflutungen aktiv getan. Dieser Tag und ließ mich auf die traurige Realität der Müllansammlung blicken, aber ermutigte mich auch, von nun an selbst mehr gegen den Müll um mich herum zu tun. Stolz, aber auch erschreckt über die Menge, die wir gesammelt hatten, erreichten wir nach der Rückfahrt wieder den Platz am Hafen. Nach und nach kamen auch die anderen Gruppen mit ihren Müllsäcken und so sammelte sich innerhalb kurzer Zeit ein großer Müllberg an.

Nach einem Gruppenfoto zusammen mit den freiwilligen Helfern mit samt dem gesammelten Müllberg bekamen wir als Dank für unsere Hilfe einen Softdrink in der Bar nebenan. Die üblichen Verdächtigen: Fanta, Sprite oder Cola in Blechdosen. Die gleichen Blechdosen die noch vor ein paar Minuten zwischen steilen Klippen herausgefischt habe. Ein ewiger Kampf, dachte ich traurig und hoffte still, dass nicht auch meine Blechdose eines Tages an irgendeiner Küste dieser Welt zwischen Felsen angespült und dort für ungewisse Zeit bleiben wird.