Endgültiger Aufbruch

Datum: 14.11.2024
Mittagsposition: 26°28,9´ N; 016°41,7`W
Etmal: 121 sm
Lufttemperatur: 22° C, Wassertemperatur: 24° C, Windrichtung und Stärke: WSW3

Gestern vor einem Monat sind wir in Kiel gemeinsam in See gestochen. Länger als einen Monat sind wir nun schon unterwegs, leben und arbeiten zusammen – immer weiter und weiter von unseren Familien und Freunden aus der Heimat entfernt. Wir hatten uns aufgemacht in unser Abenteuer. Als wir im Oktober abgelegt hatten, war uns mehr als bewusst, dass das Ganze nun unwiderruflich ist und es keine Möglichkeit mehr gab, doch an Land zu bleiben. Das war für alle Besatzungsmitglieder ein Point of no Return. Von da an war es endgültig, wir würden alle gemeinsam für das nächste halbe Jahr mit der Thor Heyerdahl die Welt bereisen und erkunden. Auch, wenn diese Zukunft vielleicht vorher beängstigend wirkte, war es ein wunderschöner und besonderer Moment.

Nun steht uns bald der wahre Point of no Return bevor. Der Zeitpunkt mitten auf dem Atlantik, ab dem wir uns außer Reichweite jeglicher Hilfe befinden. Der Zeitpunkt, ab dem es für uns unmöglich ist, egal was passiert, umzudrehen und zurückzufahren, da es länger dauern würde umzudrehen, als weiter zu unserem geplanten Ziel zu fahren. In der nächsten Etappe steht unsere erste Atlantiküberquerung bevor. Eine Route, über die bereits alte Entdecker wie Kolumbus und Humboldt in die Karibik segelten.

Dementsprechend gespannt, fröhlich und motiviert bin ich am Mittwoch, dem Tag des Ablegens aufgestanden, um direkt darauf noch im Schlafanzug und vor dem Frühstück bei einer Proviantkette mitzuhelfen. Doch auch nach unserem morgendlichen Umräumen standen Lebensmittel überall im ganzen Schiff verteilt. Diese Vorräte müssen nun bis zu unserer Ankunft auf St. Vincent in Union Island für alle 49 Besatzungsmitglieder reichen. Deshalb war dieser Vorbereitungsschritt einer der wichtigsten und intensivsten während unserer Zeit in Teneriffa. Als die Lebensmittellieferung am Abend kam, waren wir über eine Stunde damit beschäftigt, Lebensmittel von der Pier in unsere Kühl- und Tiefkühllast zu laden. Doch auch viele andere Vorbereitungen wurden am Vortag schon begonnen, beispielsweise Rost am Schiff zu entfernen oder den Rumpf zu streichen. Diese waren dann auch nach dem Frühstück abgeschlossen. Nach den letzten Erkundungstouren durch Santa Cruz, einem kurzen letzten Mal festen Boden unter den Füßen für die nächsten 25 Tage, sind wir alle an Bord gegangen. Und dann hieß es, wie schon öfter davor: „Leinen los“ – und zwar für einen längeren Zeitraum als den, den wir seit Kiel bereits gereist sind. Und so starteten wir genau wie Humboldt unsere Atlantiküberquerung im Hafen von Santa Cruz.

Auch wenn Teneriffa mit seiner Landschaft und seinen Menschen wunderschön und interessant war, hatte ich mich schon darauf gefreut, wieder auf See zu sein, von den Wellen angenehm von links nach rechts getragen zu werden und den ganzen Tag draußen das atemberaubende lau des Meeres stundenlang beobachten zu können. Doch dem war erstmal nicht so, denn schon kurz darauf ertönte Signal K und zum ersten Mal stellten wir uns in unseren neuen Wachen für die kommende Etappe auf. Um Teneriffa noch schneller am Horizont verschwinden zu lassen, setzen wir trotz wenig Wind einige Segel, was sich direkt schwieriger als erwartet herausstellte, denn auch, wenn wir uns auf der letzten Etappe schon relativ sicher bezüglich der Segeltheorie gefühlt hatten, stellte uns die neuen Wachkonstellationen vor Probleme. Auch, wenn wir die gesamte Zeit dasselbe gelernt hatten, hatten wir anscheinend alle unsere eigenen Arten entwickelt, Dingen wie Segelsetzen, nachzugehen. Nichtsdestotrotz hat schlussendlich alles funktioniert und unter Segeln und Motor steuerten wir erneut weiter in Richtung Süden.

Als nun heute nach dem Frühstück auch die Spitze des Pico del Teide, dem höchsten Berg Spaniens, verschwand, wurde spätestens allen bewusst, dass das nun das letzte Mal für eine lange Zeit „Land in Sicht“ sein würde. Man konnte die Vorfreude auf die kommende Überfahrt in den Gesichtern eines jeden Einzelnen sehen: Der Aufbruch in die neue Welt. Ab jetzt wird es von Tag zu Tag ein bisschen wärmer, sodass wir irgendwann nicht nur unser Ölzeug endgültig ablegen können, sondern bald auch Nachtwachen in T-Shirt und kurzer Hose gehen können.

Mit der Route quer über den Atlantik, einer Menge an Wasser, die deutlich meine Vorstellungskraft übersteigt, treten wir nun unsere neue Etappe an. Ich bin sehr gespannt, was uns alles auf den Weiten des Atlantiks erwarten wird und freue mich ganz besonders auf den Unterricht, den wir ab jetzt jeden zweiten Tag haben werden.

KUS-Ticker

Mittwoch, 13.11.2024

  • 11:40 Uhr: Vortrag Humboldt von Cosima
  • 13:30 Uhr: Signal K
  • 14:25 Uhr: Sicherheitsübung mit Generalalarm
  • 14:30 Uhr: Ablegen
  • 15:45 Uhr: Geburtstagskaffee für Peter

Donnerstag, 14.11.2024

  • 16:00 Uhr: allgemeines Haareschneiden am Vordeck
  • 23:00 Uhr: Beginn des neuen Wachsystems