Signal Fisch!
Datum: 26.11.2024
Mittagsposition: 15°54,8’N; 034°53,9‘W
Etmal: 94 sm
Lufttemperatur: 28° C, Wassertemperatur: 27,5° C, Windrichtung und Stärke ENE 4
In den letzten paar Tagen haben wir immer mal wieder die Faszination des Atlantiks bewundert: Fische! Anfangs war jeder noch so kleine Fisch eine allgemeine Sensation, doch mit der Zeit wurde es auch teilweise eine madige Situation, die trotzdem stets bestaunt wurde.
Vor zwei Wochen haben wir Teneriffa verlassen und genießen die verhältnismäßig ruhige See, was eine Wellenhöhe von einem halben bis einem Meter bedeutet. Die ersten großen Sensationen waren Delfine und Wale, doch diese haben wir nun schon seit fünf bis sechs Tagen nicht mehr gesehen. Dafür sehen wir jetzt immer mal wieder Segelyachten mit Gennakern an uns vorbeiziehen, da wir jetzt in einer günstigen Passatzone sind. Die Boote werden auf der Wasseroberfläche von der langen Dünung vor- und zurückgeschaukelt und bieten einen äußerst interessanten und abwechslungsreichen Anblick.
Weitaus interessanter anzuschauen ist aber das, was unter der Wasseroberfläche mit uns zieht: Thunfische und Goldmakrelen, wobei letztere auch Doraden oder Mahi Mahis genannt werden. Wir angeln mit zwei Angeln gleichzeitig an improvisierten Spulen und mit Kalmarkunstködern, die sich in den letzten Jahren bewährt haben sollen. Unsere Situation in den letzten zwei Tagen brauchte aber gar keine bewährten Köder. Alles begann am Montagmorgen: Ich wurde um sieben Uhr zum Unterricht geweckt und erschien 15 Minuten später auf dem Hauptdeck zum Frühstück. Während meines ersten Brotes stand ich zwei Mal auf, um beim Fischeinholen zu helfen. Da wussten wir noch nicht, auf welch‘ einem System wir schwammen.
Nach dem Mittagessen ertönte dann Signal K, was für uns Manöver bedeutet. Wir wollten halsen. (Das ist ein Segelmanöver, bei dem wir mit dem Hinterteil des Schiffs durch den Wind drehen.) Das Ziel war ein anderes Seegebiet mit mehr Wind, da wir seit 14 Stunden nur drei bis vier Knoten liefen. Detlef erklärte noch den Ablauf des Manövers, als der selbstgebaute Bissanzeiger aus einer Coladose Alarm schlug und unser Steuermann Michael vom Ruder aus mit den Armen die Größe des gefangenen Fischs darstellte. Ruth gab mir zu verstehen, dass ich mich darum kümmern sollte und kurze Zeit später tauchte auch Pius auf dem Achterdeck auf, half den Fisch einzuholen und ihn auf Backbord längsseits zur Vorderkante des Deckshaus vorzutragen. Dort ist nämlich der einzige Ort auf dem Schiff, an dem Fische anzulanden und zu verarbeiten gestattet ist, um den Fischgeruch nicht allzu sehr an Deck zu verbreiten. Nun wimmeln aber 40 Leute auf dem Hauptdeck umher, um besagtes Manöver unter Detlefs Aufsicht zu fahren. Da kann es schon mal eng werden auf dem Weg nach vorne.
Erstmal angekommen beginnt ein Prozess, den wir bestimmt schon zehn Mal durchgeführt haben: Erst muss das Sicherheitsnetz hochgebunden werden, um mit dem Kescher den Fisch von Außenbords auf das Deck zu hieven. Die Prozedur mit dem Kescher ist bei vier Knoten und bei ein Meter Welle nicht einfach und es werden etwas Übung und Routine benötigt. Anschließend wird der noch lebendige Fisch abgehakt und grob nach äußeren Kriterien wie Größe, Zustand und Krankheiten bewertet. Nach kurzer Analyse wird der Fisch entweder freigelassen oder für essbar erklärt. Ist letzteres der Fall, wird ihm dann mit einem Holznagel das Bewusstsein genommen und mit dem Messer der Blutkreislauf an der Quelle durchtrennt. Bevor es nun an das Filetieren geht, müssen dem Fisch der Bauch aufgetrennt und die Innereien auf Maden, bzw. Parasiten kontrolliert werden. Zum Glück ist der Prozess schnell erledigt und die Anwesenheit der Maden schnell erkannt. Mit 16 gekonnten Schnitten ist der Fisch komplett filetiert und fertig für die Tiefkühllast. Montagabend gab es das erste Mal eine Fischmahlzeit für alle. Sehr leckere Fischfilets wurden mit etwas Salz, Pfeffer und Zitrone unter anderem von Ruth in der Backschaft zubereitet. Seit Dienstag sammeln wir nun jeden Fisch filetiert in der Tiefkühllast für ein Weihnachtsessen. Seitdem sind es schon wieder 14 Bisse und sechs schöne verwertbare Fische, da wir seit dem Morgen von Doraden und Thunfischschwärmen verfolgt werden. Teilweise bissen beim Einholen der Leinen ungewollt Fische an und man konnte die schillernden Farben der Doraden unter Wasser sehr gut erkennen.
Der Fisch wird an Bord von vielen gegessen. Dadurch, dass wir ihn frisch aus dem Wasser heraus angeln und nicht mit Schleppnetzen in dem Ausmaß der Fischereiindustrie, können auch einige Personen, die sich sonst vegetarisch ernähren, es mit sich selbst vereinbaren, ihn zu essen. Auch Personen, denen Fisch sonst nicht schmeckt, essen ihn, da der frische Fisch gar nicht klassisch nach „Fisch“ schmeckt.
Die letzten Tage waren angeltechnisch und aufgrund des anormalen Alltags sehr interessant. Es ist viel allgemeines Interesse an den Fischen entstanden und wir waren froh, mal wieder ein Manöver fahren zu dürfen.
KUS-Ticker
Montag, 25.11.2024
- 07:30 Uhr: Zwei Fische an der Angel
- 12:45 Uhr: Signal K: Halsen
- 20:15 Uhr: Vortrag Sternenbilder von Nora
Dienstag, 26.11.2024
- 16:20 Uhr: 50 % der Etappe erreicht
- 20:58 Uhr: Motor an