Kennenlernen, reden, lachen, tanzen, verabschieden

Datum: 05.02.2025

Von Erzählungen der Ex-KUSis wussten wir ungefähr, was uns erwartet, wenn wir bei der Federico-Engels-Schule ankommen. Diese Schule ist ein Internat für besonders gute Schüler/-innen aus der Provinz Pinar del Río und eine der besten Schulen des Landes.

Überrascht hat es uns trotzdem, wie wichtig unser Besuch für die Schule war, was sich schon beim Empfang deutlich gezeigt hat. Am 04.02.2025 sind wir morgens um acht Uhr mit unseren Fahrrädern angekommen und wurden bereits von einer klatschenden Menge und lauter Musik begrüßt.

Die ungeteilte Aufmerksamkeit von über 900 Menschen war allerdings für viele von uns eine Herausforderung. Anschließend kamen wir direkt mit kubanischer Kultur in Kontakt, als uns ein Solotanz und das sehr bekannte Lied Guantanamera vorgeführt wurde. Im Anschluss wurden wir in das Büro der Schulleiterin geführt und haben sowohl unser Projekt vorgestellt, als auch sehr interessante Informationen über die Federico-Engels-Schule erhalten. Insgesamt haben wir während der zwei Tage oft die Zeit genutzt, uns mit den Schüler/-innen der Schule auszutauschen und über unsere Interessen, unsere Erfahrungen, unsere Hobbys und auch Politik zu sprechen. Diese Gespräche waren unser persönliches Highlight, denn so konnten wir auch mehr über die Sicht der Gleichaltrigen auf das aktuelle System in Kuba erfahren und neue Perspektiven kennenlernen. Trotz dessen, dass nur eine Handvoll Schüler/-innen Englisch sprach, konnten wir uns mehr oder weniger gut verstehen – dann eben auf Spanisch.

Dreimal hatten wir auch die Möglichkeit, an dem Unterricht der Kubaner/-innen teilzuhaben. Wir wurden in Sechsergruppen aufgeteilt und konnten verschiedene Fächer besuchen. Es war wieder sehr interessant, eine andere Perspektive kennenzulernen, da sich die Themen im Unterricht sehr auf Kuba fokussieren. Zum Beispiel haben wir einiges über die Zeit nach der Revolution oder kubanische Literatur gelernt. Der Unterricht war noch etwas traditioneller gestaltet, das heißt, dass viel aus einem Buch vorgelesen und anschließend von der Tafel abgeschrieben wurde. Die verschiedenen Fächer haben sich allerdings auch sehr stark unterschieden, sowohl in der Unterrichtsart als auch im Niveau. Dies war besonders im Fach Englisch sichtbar, wo in höheren Klassenstufen Stoff unterrichtet wurde, der bei uns in Deutschland in der sechsten Klasse behandelt wird, während die Kubaner uns in Sport überlegen waren.

Die Sportstunden fanden immer nachmittags statt, also von drei bis vier Uhr. Wir konnten wählen zwischen Ballsportarten wie Fußball, Basketball und Baseball oder Denksport wie Schach, Dame oder dem in Kuba sehr beliebten Domino. In den Ballsportarten waren die Kubaner/-innen unglaublich gut und auch in Domino haben meistens die Kubaner/-innen gewonnen. Eine Sache, die uns sehr gut gefallen hat, war die entspannte Atmosphäre. Man konnte sich auch einfach für einen Moment hinsetzen und zugucken, was besonders wegen des warmen Wetters sehr angenehm war.

Wir haben allerdings nicht nur die Möglichkeit die Schulstunden mitzuerleben, sondern durften auch das Schulessen probieren. Um zehn gab es den ersten kleinen Snack (Brot mit Saft) und um zwölf war dann das richtige Mittagessen dran. Normalerweise gibt es immer (!) Reis mit Bohnen, dazu Salat und Fruchtmus aus Mango oder Guave. Für die Nichtvegetarier kommt dann noch etwas Fleisch dazu. Dieses Essen ist sehr typisch kubanisch und hat immer vorzüglich geschmeckt – besonders im Gegensatz zum Reis, den wir auf der Thor kochen. Dieser ist oft aufgrund der großen Menge sehr matschig. Das Essen ist für alle Schüler/-innen kostenlos, dafür gibt es aber auch fast immer dasselbe.

Wir haben Kuba jedoch nicht nur angeschaut, sondern auch etwas über das Land vorgetragen bekommen. Am zweiten Tag gab es einen Vortrag des Geschichtslehrers der Schule, in dem es um das Handels-Embargo der USA gegen Kuba ging. Im schuleigenen Kino saßen hinter uns auch kubanische Schüler/-innen, welche uns ebenfalls unsere vielen Fragen beantworten konnten. Insgesamt war es sehr spannend, in einer Schule eine andere als die europäische Perspektive mitzubekommen, besonders, wenn es um die USA geht. Viele Kubaner/-innen sehen diese ganz anders als Menschen aus dem Westen.

An einem Abend hatten wir auch die Möglichkeit, in einen ganz wichtigen Teil der kubanischen Kultur einen Einblick zu erhalten: Wir sind um 20 Uhr nach einer kurzen Pause in unserem Hotel an der Schule angekommen und haben bis 23 Uhr die Hüften geschwungen, was selbstverständlich die Kubaner/-innen wesentlich besser konnten als wir. Trotzdem hat es unglaublich viel Spaß gemacht, die Tänze, welche sie seit Jahren trainieren, zu lernen. Das Gefühl, dabei zu sein, wenn 900 Menschen die gleichen Bewegungen mit unglaublich viel Energie und Spaß ausführen, ist phänomenal. Auch, wenn wir in unserem ganzen Leben noch nie von so vielen Menschen angetwerkt wurden, haben wir uns schon nach kurzer Zeit sehr wohl gefühlt, und der Abend ging wunderschön zu Ende.

Am letzten Abend haben wir auch nochmal im Zuge einer Gala kulturelle Beiträge ausgetauscht und konnten die kubanische Kultur weiter genießen. Während wir das deutsche Pop-Lied „Astronaut“, unser Gruppenlied „Riptide“, einen Wiener Walzer zum Song „Walzer“ von Provinz und eine Polka gezeigt haben, gab es von kubanischer Seite mehrere Musikstücke wie das Lied „We are the World“ und abermals unglaublich beeindruckende Tänze. Der Abend war ein voller Erfolg, was sich unter anderem an den großen Mengen Applaus gezeigt hat.

Der Abschied erfolgte am nächsten Tag, zusammen mit der Übergabe der Fahrräder und der gesammelten Spenden. Zudem haben wir unsere Gastgeschenke an die Leute übergeben, die wir in den beiden Tagen besser kennengelernt haben. Zum Schluss haben wir auch noch gemeinsam unsere Polka getanzt, diesmal aber in der großen Gruppe gemeinsam mit den Kubanerinnen und Kubanern. Es war ein schönes Gefühl, den Volkstanz, den wir das erste Mal auf dem Probetörn getanzt haben, ans andere Ende der Welt zu bringen. Nach einer großen Fotorunde – unter anderem Polaroidfotos – und dem Austauschen von Nummern ging es in den Bus und unser Aufenthalt an der Schule war zu Ende.