Zwischen Revolution und Freizeit
Datum: 10.01.2025
Faulenzen ist für einen KUSi selbstverständlich ein Kapitalverbrechen. Deshalb unternahmen wir, obwohl es in den vergangenen vier Tagen viel Freizeit gab, immer irgendetwas. Unsere Aktivitäten waren dabei so vielfältig wie La Habana selbst und auch von Projektseite aus gab es einige interessante Programmpunkte.
Die Hauptstadt Kubas bietet sich nämlich hervorragend an, Unmengen über die Geschichte und Kultur des Landes zu lernen. Wir besuchten gemeinsam das Fidel-Castro-Ruz-Zentrum. Ergänzend zum Referat über Che Guevara und Fidel Castro als Hauptpersonen der Revolution tauchten wir dort noch tiefer ein, welche Rolle er für das Land spielte. Am besten hört man so etwas allerdings von Zeitzeugen und daher war es für uns alle eine Freude, am letzten Tag die Möglichkeit bekommen zu haben, mit René zu sprechen. Er ist ein pensionierter Übersetzer, der auch schon einige Male in der DDR tätig war und uns viel aus eigener Erfahrungen über Kuba erzählen konnte. Aber er fördert nicht als einziger kubanisch-deutsche bzw. kubanisch-internationale Beziehungen. Beim ICAP, dem kubanischen Institut für Völkerfreundschaft, durften wir vorher zu Gast sein. Dort gab es ebenfalls eine Gesprächsrunde, in der wir allerhand Fragen beantwortet bekamen.
In der freien Zeit, die wir zur Verfügung hatten, durften wir in Fünfergruppen die Altstadt erkunden und mit Taxis machten wir uns auf den Weg nach Habana Vieja. Je nach Gruppe erlebten wir natürlich unterschiedliches und wollen hier zwei Perspektiven teilen.
Altes Papier & Tuk-Tuks:
Unser Plan: kubanische Buchläden durchstöbern. Wie in ganz Kuba gab es auch hier enorme Unterschiede. Die erste Bibliothek war groß und zweistöckig, mit Holzregalen voller Bücher verschiedener Kategorien. Die meisten anderen Läden bestanden aus nur einem Raum. In dünnen Metallregalen fanden sich größtenteils Bücher zu den Themen Politik, Geschichte und Kultur. Am auffallendsten waren die Preisunterschiede zu Deutschland: Ein Buch kostete 100 Pesos, für uns also 30 Cent. Der spannendste Laden befand sich etwas abseits der Hauptstraße. Es war ein vollgestopfter Raum, aber nicht in bedrängendem Sinne. Die Frau verkaufte alte Postkarten, Poster, Kinoplakate, Zeitungen und Bände mit den gesammelten Werken von beispielsweise José Martí und Che Guevara. Auf der anderen Seite des Raumes reihten sich wunderschöne alte Bücher. In dunkelrot und dunkelgrün, mit Goldprägungen verziert, reihten sich die Bände von Jane Austen, Charles Dickens oder „Random Rhymes“. Viel zu schnell mussten wir den Laden wieder verlassen, selbstverständlich nicht mit leeren Händen.
Ein weiterer wichtiger Programmpunkt war natürlich das Essen. Nach so viel Peso-Pizza hatten wir das Bedürfnis, etwas Anderes zu finden. Wir landeten in einem kleinen Lokal mit Livemusik. Wie bereits während des ganzen Landaufenthalts mussten wir flexibel sein, was vegetarisches Essen anging. Hier stellten wir uns also einen wilden Mix aus Beilagen zusammen, da es alle Hauptgerichte nur mit Fleisch gab.
Zurück fuhren wir wieder Taxi, diesmal in einem Tuk-Tuk, was auf den kubanischen Straßen eine recht wackelige Angelegenheit ist. Aber man sitzt so eng gequetscht, dass sowieso nicht die Gefahr besteht, hinten rauszufallen. In jedem Fall ist es eine sehr spannende und lustige Erfahrung, auf diese Weise die Hauptstadt der kubanischen Insel zu erkunden.
Sowjetkameras & wilde Frisuren:
Anfangs wussten wir selbst noch nicht genau, was wir unternehmen wollten. So verbrachten wir die erste Zeit damit, einfach herumzuschlendern und all die Eindrücke auf uns einwirken zu lassen. Irgendwann hielten wir an einigen Souvenirläden, aber auch Kunstgalerien und allerlei anderen Läden, in denen es sehr viel Interessantes zu erwerben gab.
Selbstverständlich war aber bald Essen das Thema und wir machten uns auf die Suche nach einem möglichst einheimischen Lokal. Von einer netten Irin, die seit einiger Zeit hier lebt, bekamen wir schließlich eine Empfehlung und machten uns direkt auf den Weg. Die kleine Cafeteria lag ganz unscheinbar hinter einer Haustür, die wir beim Vorbeigehen sicher nicht bemerkt hätten. Das Essen dort war aber fantastisch, vor allem auch deswegen, weil es riesige Portionen gab, die für uns fast nichts kosteten.
Danach arbeiteten wir uns in der Bedürfnispyramide nach oben, da nach fast vier Monaten ohne professionellen Friseur bei einigen auf dem Gebiet dringend Bedarf bestand. Wir versuchten es bei unterschiedlichen und von sehr professionell bis annäherndem Topfschnitt war alles dabei, doch zumindest konnten sich diejenigen damit trösten, sich bald wieder tausende Seemeilen von der Zivilisation zu entfernen.
Etwas später entdeckten wir eine Art Antiquitätenmarkt in einem Innenhof am östlichen Ende des Viertels, in dem einige Stände mit allem nur Denkbaren standen. Einige kauften zum Beispiel Kameras, die noch in der Sowjetunion hergestellt wurden, während andere es auf alte Anstecker abgesehen hatten. Die Zeit verflog wieder viel zu schnell, weshalb wir bald zum Treffpunkt am Capitolio aufbrechen mussten. Auf dem Weg dorthin kehrten wir allerdings noch in einem Café ein, wo es einen kalten Kakao gab, den alle als den besten, den sie je getrunken hätten, beschrieben.
Unsere Zeit in La Habana war gefüllt von Eindrücken, Erfahrungen und Erlebnissen. Wir konnten so unglaublich viel über dieses wahrlich einzigartige Land und seine Kultur kennenlernen, aber auch unser geschichtliches Wissen um eine ganz neue Perspektive erweitern. Wie überall auf der bisherigen Reise wären die allermeisten gerne noch länger geblieben, wobei dann natürlich weniger Zeit bleiben würde für das, was noch vor uns liegt. Deshalb sollten wir eher den Moment auskosten, was wir jedoch hier in La Habana definitiv getan haben.