Das Pfeifen des Windes und andere Musik

Datum: 23.11.2024
Mittagsposition: 15°22,8’N; 031°34,7‘W
Etmal: 116 sm
Lufttemperatur: 25° C, Wassertemperatur: 27° C, Windrichtung und Stärke: NE 3-4

Wenn ich an die Thor und KUS denke, drehen sich meine ersten Gedanken ums Segeln, intensive Tage und sehr viel sozialen Austausch. Ich denke an Natur und Draußensein, vielleicht auch an Sturm oder neue Länder und Kulturen. Wenn es ganz schlimm kommt, denke ich vielleicht sogar an Seekrankheit und Grünkohlauflauf, das Schreckensgericht unseres Jahrgangs. Woran ich auf jeden Fall nicht denke, sind Kultur und Musik, obwohl Musik auf der Thor zwar nicht immer, aber doch in regelmäßigen Abständen eine wichtige Rolle spielt. Deshalb möchte ich diesen Blogeintrag einer vielleicht weniger offensichtlichen Seite des Lebens auf der Thor widmen, nämlich der Musik und wie wir sie ausüben.

Unser Musikprojekt ist natürlich ganz vorne mit dabei, wenn es darum geht, sich musikalisch auszutoben und dabei auch noch der Besatzung eine Freude zu machen. Jeden Freitag in der Projekte-Zeit setzen wir zehn Musikprojektler/-innen uns mit unserem Lehrer Fabian zusammen und studieren Stücke ein, die dann am Tag darauf bei Besanschot-An (die Mannschaftsversammlung jeden Samstag) vorgetragen werden. Die meisten Stücke singen wir sogar zwei- bis vierstimmig und mit Klavierbegleitung. An Instrumenten stehen uns eine Trompete, ein Saxofon, ein Hackbrett und mehrere Ukulelen zu Verfügung, die auch immer wieder unsere Stücke bereichern (ein Hackbrett ist übrigens ein Instrument, bei dem man die Seiten mit kleinen Schlägeln schlägt). Für größere Instrumente wie mein Cello war leider kein Platz mehr, allerdings kann man sich so mehr aufs Singen konzentrieren. Ein paar Highlights waren z. B. eine Jodelstunde oder das Lied „We are the World“, welches wir nach unserer Sichtung des Boots mit Geflüchteten gesungen haben.
Zur Erklärung: Dieses Lied wurde in den 1980ern von Micheal Jackson und Lionel Richie anlässlich einer riesigen Hungerkatastrophe in Äthiopien geschrieben und von den bekanntesten Musiker/-innen der Zeit (z.B. Tina Turner, Bob Dylan, Steve Charles und mehr) aufgenommen. Es ist ein unglaublich schönes Lied und hat viele von uns zu Tränen gerührt. Diesen Samstag hat die gesamte Schiffsbesatzung die bisher besten Songs zusammen auf dem Achterdeck gesungen, was einmal wieder ein sehr bewegter Moment war.

Es gibt allerdings auch abseits des Projekts Formen, wie man musizieren kann. Das Pfeifen an Bord ist zwar für alle außer den Bootsmensch (und den Wind) verboten, singen ist jedoch erlaubt. Zum einen kann man allein vor sich hinsingen (ich zum Beispiel mache dies sehr gerne im Ausguck), jedoch muss es nicht normaler Gesang sein. Unser Musikexperte Fabian hat zu Beginn der Reise den Kehlkopfgesang eingeführt und seitdem arbeitet ein Teil der Besatzung mit großem Elan (und mäßigem Erfolg) an dieser Fähigkeit. Auch üben manche Personen ihre individuellen Instrumente, wobei Trompete und Klavier besonders beliebt sind. Glücklicherweise spielt die Trompete wegen der Lautstärke nur an Deck, Klavier-Geklimper im Hintergrund ist jedoch sehr angenehm.

Die Ergebnisse aus individuellen Proben werden manchmal auch bei Besanschot-An vorgetragen, was immer ein echtes Highlight darstellt. Das Duo Fabian und Lukas ist sogar schon zweimal aufgetreten, beide Male mit Klavier und Saxofon oder Trompete. Fast noch beeindruckender war der Auftritt von Caspar vor zwei Wochen. Da Caspar seit neun Jahren sowohl individuell als auch im Chor singt, gab er eine Arie aus der Oper „Bastien Bastienne“ von W. A. Mozart zum Besten. Die Begleitung war zwar etwas improvisiert (per Box), der Gesang machte dies jedoch mehr als wett. Ich war sehr beeindruckt von der Qualität des Gesangs, besonders vor dem Hintergrund, dass Caspar seit Beginn der Reise keinen Gesangsunterricht mehr hatte und die Zeit für Dinge wie Gesangsübungen mehr als limitiert ist.

Insgesamt ist die Musik also sehr präsent, auch wenn sie vielleicht nicht immer das erste ist, woran man im Kontext der Thor und KUS denkt. Deshalb freue ich mich sehr auf noch viel gemeinsames Musizieren, in den Projekten und auch immer zwischendurch.

KUS-Ticker

Freitag, 22.11.2024

  • 11:00 Uhr: Sichtung eines Katamarans
  • 14:00 Uhr: Vortrag zum Längengradproblem von Jakob R.
  • 15:15 Uhr: Projekte-Treffen
  • 16:30 Uhr: Fang eines Thunfisches (3,5 kg)

Samstag, 23.11.2024

  • 13:00 Uhr: Schiffsversammlung & Zeitumstellung (-1h)
  • 12:20 Uhr: Vortrag zum großen Wetter von Rosa
  • 12:40 Uhr: Großreinschiff
  • 14:00 Uhr: Besanschot-An
  • 18:00 Uhr gemeinsames Singen auf dem Achterdeck
  • 20:00 Uhr Filmabend (Interstellar) mit Projektion auf das Groß-Segel