Tawröner

Datum: Mittwoch, 11.11.2020
Position: La Coruña
Wetter: Lufttemperatur: 14,5° Wassertemperatur: 15° Wind: SSE 2

Heute Morgen musste ich wieder einmal in aller Frühe aufstehen. Backschaft (Küchendienst)! Weil alle früher geweckt werden wollten, damit sie noch vor der Einfahrt in den Hafen von La Coruña frühstücken konnten, wurde unsere Backschaft noch früher angesetzt als normalerweise. Aber das frühe Aufstehen wurde belohnt. Als ich kurz vor der Backschaft nochmal an Deck Luft schnappen war, rief mir Luis zu, dass an Backbord (links in Fahrtrichtung) Delfine wären. Natürlich lief ich sofort zur Backbordreling. Erst dachten wir, es wären immer noch die vier Delfine, die wir am Tag zuvor gesehen hatten, die uns immer noch begleiten würden. Doch plötzlich sprangen ungefähr zwanzig Meeressäuger gleichzeitig aus dem Wasser. Das war ein so atemberaubender und berührender Moment: Die Kombination aus den Delfinen, die synchron herumhüpften mit der wunderschönen Küste von Spanien und dem Sonnenaufgang, war unbeschreiblich schön. Fast schon ein bisschen kitschig, fast so wie eine Szene aus einem Film. Selbst ein paar Seemöwen konnten sich diese Spektakel nicht entgehen lassen und flogen vom linken Rand durchs Bild der Kamera.

Ich hätte unendlich lang stehen bleiben und den Delfinen zuschauen können. Doch die Arbeit rief. Eigentlich machen alle vier Backschafter zusammen Frühstück, aber wir teilten uns am Morgen auf, weil wir Hefeteig und damit ganz viele Brötchen fürs Mittagessen machen mussten. Wir machten „Tawröner“. Dabei handelte es sich um eine eigene Kreation, und wir waren uns nur nicht einig, ob es jetzt Tacos, Wraps oder Döner wären und nannten das Gericht dann einfach „Tawröner“. Im Endeffekt war es keines davon. Es waren einfach „Tawröner“. „Tawröner“ sind ein Mix aus verschiedenen Salaten, Dips etc. Wir machten also kleine Brötchen und dazu gab es Salatblätter, Tomaten, Mais, Reissalat, angebratenes Hack, eine Salsa und Kräuterdip. Das Essen gaben wir zu Mittag auf dem Hauptdeck als Büffet aus. Davor gab es eine Ansprache, in der wir der Crew erzählten, was wir gekocht hatten, und dass Tawröner ein traditionelles spanisches Gericht wäre, welches die Seemänner nach der Rückkehr in den Hafen essen würden. Das war natürlich erfunden. Aber fast alle glaubten es uns. Ihr hättet ihre Gesichter sehen sollen, als wir sie aufklärten!
Nach dem Mittagessen ging es mit dem normalen Backschaftsalltag weiter. Spülen, Abendessen, spülen, Kombüse putzen und noch mehr spülen. Wir waren um 23 Uhr fertig und fielen mit vielen neuen und wundervollen Gefühlen in die Betten.

Ich glaube, dass die Fahrt durch die Biskaya uns sehr viel gebracht hat. Wir machten Erfahrungen, wie es sich an Bord bei Seegang lebt, erweiterten unsere Segelkenntnisse und wuchsen als Gruppe zusammen, weil alle sich um einander kümmerten, während wir seekrank die Fische fütterten…
Wir sind jetzt in Spanien, im Hafen von La Coruña. Ich glaube, alle sind ganz froh, dass wir die Biskaya so schnell durchquert haben. Dadurch, dass wir gutes Wetter und guten Wind hatten, sind wir in nur zwei Tagen durch die Biskaya gefahren. Mit schlechten Bedingungen hätten wir auch eine Woche oder noch länger brauchen können. Wobei, streng genommen sind wir noch nicht ganz durch die Biskaya. Wir müssen noch um das Kap der Finsternis. Das ist der nordwestlichste Punkt von Spanien, wo die Biskaya offiziell aufhört. Es heißt Kap der Finsternis, weil die Sonne im Süden ist, und man dort die Küste zwischen sich und der Sonne hat, sodass diese einen Schatten wirft.

Wir bleiben aber vorerst noch in La Coruña, weil wir erstmal auf bessere Wetterbedingungen warten müssen. Aus dem Süden kommt nämlich noch ein Ausläufer eines Orkantiefs und die Kanaren liegen nun mal leider südlich von uns. Gegen so starken Gegenwind kommen wir nicht mit unserem Motor an. Von unserer Pier aus gesehen, sieht La Coruña sehr schön aus. Wir können die Innenstadt wegen Corona leider nicht besichtigen. Deswegen bleiben wir an Bord und vertreiben uns unsere Zeit mit…Unterricht. Wir haben schon einen Stundenplan für die nächsten Tage. Wir werden Bio, Mathe, Chemie, Physik, Deutsch, Geschichte, Geo und passend zu Spanien noch Spanisch einmal anders als zuhause kennenlernen. Dazu haben wir außerdem Freiarbeit. Das ist eine Zeit, in der wir vorgegebene Arbeitsblätter als Vertiefung bearbeiten können, oder wir machen Aufgaben oder lernen Vokabeln, die wir uns von zuhause mitgenommen haben.

Wir haben uns unter anderem für Sprachen oder Fächer, in denen wir andere Themen haben als an Bord, Materialien eingepackt. Auf der Thor werden beispielsweise nur Spanisch und Englisch als Fremdsprache unterrichtet. Ein paar von uns Schülerinnen und Schülern haben aber andere Fremdsprachen, wie Französisch, Italienisch, Chinesisch oder Altgriechisch, die sie sich während der Freiarbeit selbst erarbeiten. Aber wir sollen in der Freiarbeit auch Fähigkeiten wie Selbständigkeit, Effizienz, Konzentrationsvermögen oder uns selbst zu überprüfen lernen. Wir haben zwar eine Aufsicht, aber die kontrolliert uns nicht. Sie achtet nur darauf, dass wir unsere Zeit nutzen und uns nicht gegenseitig ablenken. Wie effizient wir arbeiten, hängt an uns.

Wir hatten bis jetzt nur ein paar Stunden Unterricht auf Helgoland. Die gingen eigentlich sehr schnell vorbei und haben uns viel Freude bereitet. Mal sehen, wie der Unterricht in den nächsten Tagen so wird und ob er vielleicht mal wieder von kleinen Naturwundern wie Delfinen und Co. unterbrochen wird…

KUS-Ticker

13.11.2020

  • Unterricht – Biologie, Deutsch, Mathe, Spanisch, Chemie

Datum: 14.11.2020

  • Unterricht – Geologie, Deutsch, Spanisch
  • Workshop – Musik, LaTex, Theater, Philosophie, Fotografie und Film
  • Freizeit – Bevor wir auslaufen, haben wir nochmal Freizeit, weil wir auf See immer viel zu tun haben.
  • Kinoabend – Wie jeden Samstag gibt es einen Kinoabend! Wir haben uns für den Film „Das Leben des Brian“ entschieden.