Alles klar zum Auslaufen

Am 5. Februar geht es endlich los auf unsere bisher längste Seeetappe, aber bevor es losgehen kann, muss die Thor erstmal seeklar gemacht werden. Auf unseren bisherigen Etappen, von Kiel zu den Kanaren und dann von dort zu den Kap Verden, war die Thor immer schon fast fertig, wir mussten nur noch einziehen und den Proviant einstauen. Alle anderen anfallenden Arbeiten hatten Ex-KUSis in der Werftzeit gemacht, weil wir wegen der Quarantänebedingungen keinen Kontakt zu anderen haben durften, oder der Stamm, als wir auf Landexkursion waren. Dieses Mal durften wir selbst mit anpacken.

Es gab viel zu tun:

Die Bram (das oberste Rahsegel am Schoner, unserem vordersten Masten) ist in unserer Abwesenheit abgeschlagen (losgemacht und heruntergeholt) worden. Während der letzten Etappe ist eine komplette Naht aufgerissen und das restliche Segel war auch nicht mehr im besten Zustand, so dass es einfacher war, das ganze Segel einmal zu überarbeiten. Unter Anleitung von Simon, dem Bootsmann, und Kris, einem Takler und einem unserer neuen Besatzungsmitglieder, haben sechs Schülerinnen und Schüler in wechselnder Besetzung Flicken ausgemessen, geschnitten und aufgenäht und Risse verschlossen. Das klingt leichter, als es ist. Weil das Segeltuch so fest ist, muss man die Nadel mit einem speziellen Handschuh, der am Daumenballen mit Metall verstärkt ist, und viel Kraft durch das Segel drücken. Jemand muss es dann von der anderen Seite mit einer Zange herausziehen. Damit nicht immer einer unter dem Segeltuch begraben ist, haben wir zwei der Biertische, die wir sonst zum Essen an Deck benutzen, auf die Ladeluke gestellt. So konnte ein Näher in einer „Höhle“ aus Segeltuch unter dem Tisch sitzen und der andere draußen. Jetzt kann man die Flicken und Risse nicht irgendwie nähen, nein man muss einen speziellen Stich benutzen, die sogenannte Bootsmannsnaht. Das will gelernt sein! Rauf, runter von links nach rechts und durch den Spalt oder doch nicht? Am Ende hat es jedenfalls geklappt und alle Risse sind nun „verflickt“ und zugenäht.

Malerarbeiten mussten auch erledigt werden. Damit uns das Schiff nicht unter dem Hintern wegrostet, müssen die Lackschichten ständig erneuert werden. Zwei bis vier Schülerinnen und Schüler haben unter Mortens Kommando an allen erdenklichen Stellen gestrichen und gepinselt. In voller Montur im Blaumann oder einfach mit alten Klamotten sind sie mit Farbe und Pinsel übers Deck gegangen und haben die Stellen gestrichen, die zuvor mit Ameisensäure und Gummihandschuhen gereinigt worden waren. Nicht nur an Deck wurde gestrichen, auch außenbords wurde fleißig gepinselt. Jeweils zwei Schülerinnen und Schüler standen auf einem Brett, knapp über der Wasserkante, das an beiden Enden mit einem Seil befestigt war, um die Höhe verändern zu können, und haben Schäden an der Außenwand ausgebessert.

Der Verschlusszustand (das Schiff wird bei Unwetter wasserdicht verschlossen, um Wassereinbruch zu vermeiden) musste in Erwartung schlechten Wetters vielleicht sogar Stürmen getestet werden. Dazu mussten alle Schotts und Schlagklappen, zum Verschließen der Bulleyes und Oberlichter einmal geschlossen und die Dichtungsgummis gefettet werden. Klingt leicht, ist es aber nicht. Um die Schlagklappen in den Kammern 1 bis 10 zumachen zu können, muss man mit einer Leiter den Schacht hinaufklettern und mit einem Hammer die Verschlüsse zuhämmern. Manche der Schlagklappen sind festgerostet, zum Beispiel die in der Navi. Deshalb waren zwei Schülerinnen und Schüler einen halben Tag damit beschäftigt, Rost zu klopfen, das Hämmern hörte man über das ganze Schiff. Dann kam noch schnell das Malerteam vorbei und schon läuft alles wieder wie geschmiert.

An der Außenwand der Thor ist nicht nur gemalert worden, sondern auch geschrubbt. Drei KUSis sind mit Schwimmweste, Flossen und Schrubber ins kalte Wasser gesprungen (23°C). Um nicht abgetrieben zu werden, sind Leinen außenbords gehängt worden, damit die Schrubbenden sich mit der einen Hand festhalten konnten, während sie mit der anderen Seegras und Entenmuscheln abgeschrubbten. Währenddessen gab es Kaffee, zu essen gab es Orangen, die kurzerhand geschält und nach unten zu den Schrubbenden geworfen wurden, um sie dort zu essen.

Wenn wir vor Anker liegen, benutzen wir Dingis, um an Land zu kommen. Während der nächsten 20 Tage ist das aber eher selten nötig, deshalb mussten wir sie seefest verstauen. Drei Jugendliche waren einen ganzen Tag beschäftigt, die Dingis abzuwischen, zu trocknen und den Sand herauszusaugen. Wenn man die Bodenplatten ausbaut und die Luft ablässt, kann man die Boote einfach klein zusammenrollen und in der Ladeluke verstauen. Weil das mit dem Luftablassen zu lange dauerte, wurde einfach der Staubsauger an die Ventile angesetzt und die Luft abgesaugt. Dann wurden die Boote wie ein Geschenk verschnürt und in der Ladeluke festgezurrt.

Um das Bramsegel während der Etappe wieder benutzen zu können, muss es wieder angeschlagen (an der Rah befestigt) werden. Nach einem halben Tag Theorie und Knotenkunde bereitete das achtköpfige Team unter Anleitung von Kris das Segel vor. Damit es oben in der richtigen Position ist, musste man es auf spezielle Weise falten, um es am Mast hochziehen zu können. Den ganzen Tag konnte man Rufe wie „Alle nach Steuerbord ziehen“ oder „An Deck! Schmeiß mal die Backbord-Bramschot (ein Seil zum Bedienen des Bramsegels) los“ über die Thor schallen hören. Am Abend war das Segel wieder einsatzbereit und das ganze Team kam erschöpft den Mast heruntergeklettert.

Nach diesen beiden anstrengenden aber spaßigen Tagen ist die Thor nun klar zum Auslaufen Richtung Azoren. Und wir hatten auch mal einen Einblick in die Schiffsarbeiten. Ich denke, keinem von uns war klar, wie viel Arbeit es ist, ein so großes Schiff wie die Thor in Stand zu halten.

KUS-Ticker

Mittwoch, 03.02.2021

Mittagsposition: Ankern vor Praia 14° 54,4N 023° 29,2W
Wetter: Lufttemperatur: 22°C Wassertemperatur: 23°

  • 07:00: Frühstück Stamm
  • 07:30: Landgang zum Proviant einkaufen
  • 10:00: Brunch Schüler
  • 14:00-17:00: Schiffsarbeiten
  • 17:30: Reinschiff auf allen Stationen
  • 20:00: Abschiedsspiel der abreisenden Stammmitglieder Lenya, Mila und Luca
  • 21:30: Beginn Bayrischer Abend
  • 23:30: Nachtruhe

Donnerstag, 04.02.21

Mittagsposition: Praia Port
Wetter: Lufttemperatur: 22°C Wassertemperatur: 23°C

  • 07:00: Signal K (all Hands on Deck) zum Verholen an die Pier
  • 08:00: Frühstück
  • 09:00: Beginn Schiffsarbeiten
  • 17:00: Großreinschiff

PS: Alles Gute zum Geburtstag Mama, fühl dich ganz feste gedrückt