Meeresbiologie
Ich nehme das Skalpell in meine rechte Hand. Vorher die Schutzkappe noch ab und dann lege ich es vorsichtig oberhalb der Afterflosse unseres Roten Tunfisches an. „Vorsicht! Nicht zu viel Druck auf das Messer. Mit einer gefühlvollen Hand den ersten Schnitt machen, aber nicht zu tief. Die Organe dürfen nicht beschädigt werden“, rät mir Andreas, unser Biologielehrer, vor dem Sezieren meines ersten Fisches. Als nächstes den Schnitt weiter bis kurz hinter die Kiemen ziehen. Unterhalb, hinter der letzten Kieme setze ich zum zweiten Schnitt an. Dieser muss in einem Bogen um das Atmungsorgan bis zur Seitenlinie entlanggezogen werden. Nalu trennt das restliche Stück entlang der Seitenline nach unten zur Afterflosse ab, sodass wir die Organe betrachten können. Schon immer wollte ich einen Fisch sezieren und nach diesen ersten Eindrücken war mir klar, genau das richtige Wahlpflichtfach für diese Etappe gewählt zu haben. Auf Maio, in unserer Quarantäneunterkunft, stellten die Lehrerinnen und Lehrer die Wahlpflichtfächer für diese Etappe vor. Glücklicherweise habe ich meine Erstwahl Meeresbiologie bekommen. Es erstaunt mich, wie viel man in vier mal 90 Minuten mit einer kleinen Gruppe von Schülerinnen und Schülern lernen kann.
Die erste Doppelstunde begann mit der Frage von Andreas, welche neuen Dinge wir über die Ozeane erfahren möchten. Sofort ließ sich heraushören, dass sich unsere Interessensgebiete vor allem auf Themen beziehen, die unser direktes Umfeld beinhalten und wir den Schwerpunkt auf praktischen Arbeiten setzen. Tiefsee, Wale, Biolumineszenz, Plankton und Fische sezieren waren Begriffe, die immer wieder in unserem Gespräch auf dem Achterdeck gefallen sind. Leider waren ein paar von uns immer noch ein wenig seekrank, weshalb wir die Stunde entspannt gestalteten und nicht zu viel neuen Input bekamen. Zum Schluss wurden aber jeder und jedem von uns eine Art zugeteilt, wie zum Beispiel Stachelhäuter oder Quallen, zu der wir jeweils einen kurzen Steckbrief schreiben mussten, sodass wir einen kurzen Vortrag in einer der nächsten Stunden über diese Art halten konnten.
Die zweite Stunde war mein persönlicher Favorit. Mit einer wachsbeschichteten Metallschale, Sezierbesteck und Bestimmungsbüchern der Kieler Forschungswerkstatt machten wir uns auf den Weg auf das Hauptdeck. Andreas brachte drei Fische mit nach oben, welche wir anschließend bestimmten. Einen roten Thunfisch, einen Zackenbarschund einen fliegenden Fisch, der uns am Vortag an Deck besucht hatte. Wir fingen damit an, eine beschriftete Skizze mit Daten wie Größe und Gewicht anzufertigen. In zwei Gruppen begannen wir nun, bei den zwei größeren Fischen die Kiemenplatten mithilfe einer Schere herauszuschneiden, sodass wir die Kiemen im Inneren besser untersuchen konnten. Mit blutigen Fingern stellten wir die Anzahl und den Aufbau fest. Unsere gesamte Gruppe war fasziniert und mit viel Motivation begaben wir uns an das Sezieren der weiteren inneren Organe im Bauch des Wasserlebewesens. Wie oben beschrieben, trennten wir einen Teil des Bauches heraus, sodass wir die Organe untersuchen konnten. Deutlich erkennen konnte man das Herz, die Leber, die Speiseröhre mit dem Magen, den Darm, die Eierstöcke, die Milz, die Niere und die mit Luft gefüllte Schwimmblase. Interessanterweise konnten wir im Magen des roten Thunfisches eine Garnele erkennen. Was uns auch neu war, war die dreieckige Form des Herzes. Völlig gepackt vom Forschen wollten wir so viel wie möglich über das Innere der Fische herausfinden und untersuchen. Da nach einiger Zeit das Kochteam des Tages kam und auftischen wollte, beendeten wir unsere Sezierstunde. Mit einem Abschiedsgruß verabschiedeten wir uns von den zwei Fischen und gaben ihnen ein Seemannsgrab mitten im riesigen Atlantik. Noch schnell alles wieder aufräumen. Lange mussten wir aber zum Glück nicht auf die nächste Einheit warten.
In dieser lag unser Schwerpunkt auf Planktonproben. Einige Stunden vorher hatten wir Planktonauffangnetze ins Meer gelassen, die wir dann wieder einholten. Sofort fielen uns in größeren buschartigen Algennetzen viele kleine orangene Krebse auf, die neben Minigarnelen und extrem kleinen Tierchen lebten. All diese wurden in mehreren verschließbaren Gläsern gesammelt. Zurück in der Messe, unserem Unterrichtsraum unter Deck, platzierten wir einzelne Lebewesen mit einer Pinzette auf Objektträgern. Unter dem Mikroskop fielen uns viele unterschiedliche Aufbauarten und bunte Farben des Planktons und der Lebewesen auf. Solch interessante Bilder hatte ich noch nie zuvor unter einem Mikroskop gesehen.
Da wir in den letzten Tagen glücklicherweise viele Wale sichten konnten, beschäftigten wir uns in der letzten Doppelstunde mit den beeindruckenden Säugetieren. Wir fingen mit einer ausführlichen Erklärung an, wie wir das Hydrophon benutzen konnten, welches Andreas schon oft eingesetzt hatte, um Walgesängen zu lauschen. Bei dem Gerät handelt es sich um ein Unterwassermikrofon, das die Geräuschwelt des Meeres für uns zugänglich macht. Es wird entlang eines Kabels ins Wasser gelassen und hinter dem fahrenden Schiff nachgezogen und wenn man Glück hat, hört man neben den Geräuschen, die unser Schiff erzeugt, auch das eine oder andere Klicken von Delfinen oder anderen Bartwalen. Weiter ging es mit einer kurzen, ausführlichen Wiederholung der Walarten und anhand welcher Körpermerkmale man diese leichter erkennen kann. Damit die restliche Schiffsgemeinschaft bei der nächsten Walsichtung mit uns zusammen bestimmen kann, welcher Meeressäuger sich gerade in der Nähe der Thor befindet, erstellten wir ein Bestimmungsblatt für Walarten. Wenn man sich besondere Merkmale merkt, fällt es anschließend nämlich leichter, die Art herauszufinden.
Leider sind die vier Doppelstunden Meeresbiologie jetzt um. Mit viel neuem Wissen über die Meere, Fische, Plankton und Wale haben wir diesen Kurs beendet.
KUS-Ticker
Datum: Mittwoch, 17.02.2021
Mittagsposition: 29° 07,7’N 035° 58,0‘W
Etmal: 46,5sm
Wetter: Lufttemperatur: 22°C, Wassertemperatur: 21.5°C
- Wachbetrieb und Reinschiff für Unterrichtsgruppe A
- 08:30: Unterrichtsbeginn für die Unterrichtsgruppe B
- Maschinistenpraktikantinnen: Emma, Marie
- Proviantpraktikantin: Anouk
- Bootsmannspraktikanten: Mats, Luis
- 13:15-16:45: Wahlpflichtfächer und Additum
- 20:20: Vortrag von Eva über „Sagen und Sternenbilder“
Donnerstag, 18.02.2021
Mittagsposition: 31° 04,1’N 020 035° 57,8‘W
Etmal: 120,7sm
Wetter: Lufttemperatur: 20.6°C, Wassertemperatur: 21.6°C
- Wachbetrieb und Reinschiff für Unterrichtsgruppe B
- 08:30: Unterrichtsbeginn für die Unterrichtsgruppe A
- Maschinistenpraktikantinnen: Linn, Carla
- Proviantpraktikant: Ole
- Bootsmannspraktikantinnen: Clara, Lisa
- 12:45: Vortrag von Johannes über „Osmose“
- 13:15-16:45: Wahlpflichtfächer und Additum