Alles geht irgendwann zu Ende; und das ist okay
Heute ist der 1. April 2022.
Das heißt 22 Tage noch.
Das ist das, was momentan allen im Kopf schwirrt. Nur noch so wenig Zeit. So viel liegt schon hinter uns. Die Zeit ist wortwörtlich verflogen und die Reise neigt sich Stück für Stück dem Ende zu.
Und so schnell beginnt die letzte Etappe: Etappe 5.
Die letzte Expi, der letzte Landaufenthalt, das letzte Mal Kekse für die Überfahrt bunkern. Die letzten Male beginnen. Wir lösen das letzte Mal die Festmacherleinen, bunkern das letzte Mal Diesel und laufen ein letztes Mal aus.
Das Typhon erklingt zum Abschied und eine komische, fast schon ruhige Stimmung breitet sich an Bord aus. Eine ungewohnte so untypische nachdenkliche Stille. Das sonst so laute und trubelige Schiff ist trotz der vielen Menschen schweigsam. Alles ist ein wenig belegt, wie durch einen Filter.
Alle wissen, jetzt geht es nach Hause. Und nach dem vielen Heimweh und so vielen Geschichten, die zu erzählen sind, wollen wir das auch. Aber so schnell schon?
Im Rückblick auf das, was alles schon geschehen ist, die unzähligen Momente, die Erlebnisse und die Erfahrungen, die wir gesammelt haben, kann man sich kaum mehr an den Beginn der Reise, geschweige denn an Zuhause erinnern und dennoch hat man das Gefühl, nochmal 6 Monate hier verbringen zu können.
Es ist alles eingespielt; die Menschen, die man auf so kleinem Raum mittlerweile alle kennengelernt hat, die Freundesgruppen, die immer weiter verschwimmen, die Gemeinschaft an Bord und natürlich das Segeln, das inzwischen so selbstverständlich ist; es passt irgendwie. Es gibt natürlich immer noch hin und wieder Stress, man keift sich an oder einem ist doch mal alles wieder zu viel, aber man hat sich hier eingelebt. Und in dieser so intensiven KUS-Welt scheint Zuhause noch weiter entfernt. Fragen schleichen sich in den Kopf wie: Werde ich Zuhause überhaupt wieder reinkommen? Wird es mit meinen Freunden wie vorher sein? Was ist mit Schule? Wie passt meine KUS-Welt mit meiner Zuhause-Welt zusammen oder tun sie das überhaupt? Will ich überhaupt nach Hause?
Die Antworten sind alle unklar und die Rückkehr scheint fast überfordernder als die Abfahrt zu sein. Denn mit der Rückkehr endet es. Das große Abenteuer, das uns alle so lange beschäftigt hat, nimmt ein Ende. Man fragt sich: und dann? Was kommt nach diesem großen Ziel der Thor? Es wirkt alles so planlos, so verschwommen, weil keiner wirklich weiß, wie es werden wird, so wie keiner wusste, wie es hier werden würde. Und im Endeffekt muss man es auch gar nicht wissen, oder? Klar, es macht Angst, wenn Sachen, vor allem so alltagsverändernde Dinge enden, aber an irgendeinem Punkt lohnt es sich nicht mehr, sich so viele Gedanken zu machen. Denn in einer gewissen Art und Weise ist das Ende der Reise ähnlich wie der Anfang. Man hat keine Ahnung, was auf einen zukommt oder wie es weitergehen wird und am Ende muss man sich einfach darauf einlassen. Einfach fallen lassen und abwarten. Denn so wie es uns in allen möglichen Zoomkonferenzen erzählt wurde, als wir vor Aufregung platzend vor unseren Seesäcken standen, wird alles schon passen. Denn mit der Zeit wird es sich schon irgendwie regeln.
Man muss es nur auf sich zukommen lassen.
KUS-Ticker
Freitag, der 01.04.2022
Mittagsposition: 42°09.0´N 023°14.9´W
Etmal: 125,4 sm
Lufttemperatur: 14,5°C; Wassertemperatur: 15°C
- 1. April-Wachtausch
- Wachbetrieb & Unterricht (Englisch + Mathe)