Früchte der Tropen
Mitten im Regenwald weicht Miguel vom matschigen Weg ab. Mit seiner Machete arbeitet er sich ein paar Meter abseits zu einer Wasserliane durch: Ein dunkelbraunes, leicht rötliches Gewächs. Aufgeregt drängeln wir uns hinterher. Miguel schlägt ein etwa zwei Meter langes Stück heraus und balanciert es senkrecht über seinem Mund. Unten läuft ein Wasserstrahl heraus. Einige dürfen auch probieren und es schmeckt tatsächlich nach Wasser. Miguel erzählt, dass aus großen Exemplaren bis zu einem Liter Wasser fließt.
Einige Meter weiter hält er erneut an und zeigt uns eine etwa mannshohe Palme, die Tagua-Palme. Die noch jungen Samen könne man abschlagen und essen, die alten hingegen vom Boden aufsammeln und als Werkstoff für Schnitzereien oder Anhänger verwenden. Die Tagua-Nuss ist dann ungefähr 5x7x2cm groß und etwas unförmig. Ihr Inneres ist weiß und so hart, dass man es wie Holz bearbeiten kann.
Am nächsten Tag zeigt uns Miguel seinen Garten. An einem steilen Hang hat er Yucca (Maniok) und Ananas angebaut. Zum Ernten schlägt Miguel die dünnen Bäumchen mit der Machete knapp über dem Boden ab. Von den fünf Stämmchen entfernt er die Krone. „Damit die Pflanze weiterwächst“, erklärt er, „ist es ganz wichtig, die Stämme aufzubewahren.“ Dann zieht er die braun gefärbte Yucca-Wurzel aus dem Boden. Diese ist innen weiß, annähernd 30 cm lang und hat einen Durchmesser von 10-20 cm. Man verwendet sie wie eine Kartoffel. Zunächst zieht man die leicht rosa gefärbte Wachstumsschicht ab und kann sie dann kochen. Yucca schmeckt kartoffelartig, ist allerdings viel faseriger und sättigender. Miguel bereitet nun den Boden mit einer Hacke so auf, dass er die Stämme, die er in vielleicht 30cm lange Stücke zerhackt hat, wieder hineinstecken kann. Daraus sollen nun neue Yucca-Pflanzen wachsen. Wir gehen weiter zu den Ananaspflanzen. Miguel erklärt uns, dass man aus einer Ananas den grünen Teil herausdrehen und wiedereinsetzen kann. Daraus wächst eine Pflanze und obendrauf wieder eine Ananas. Die selbstangebaute Ananas von Miguel schmeckt unerwartet süß und saftig.
Eine weitere Nahrungsquelle der Tropen ist die Kokosnuss Sie bietet nicht nur Kokosmilch, sondern auch gutes Kokosfleisch. Doch um daran zu kommen, ist es hilfreich, eine Öffnungs-Technik mit der Machete zu können.
Eines von Miguel Lieblingsgetränken ist der Saft der Noni gemischt mit Zitronensaft. Das Ganze schmeckt sehr süßlich, zumindest wenn man sich die Nase zuhält. Denn die Frucht heißt nicht umsonst auch Stinkfrucht. Sie verbreitet einen Geruch von einer Mischung aus zu altem Käse und Erbrochenem.
Nun neigt sich der Tag dem Ende zu und die Sonne tunkt alles in goldenes Licht. Laut dringen die Zikaden an mein Ohr und ich bin froh, heute so viel gelernt zu haben.