Veränderung

Wenn ich auf unsere bisherige Reise zurückschaue, kommen mir viele Erlebnisse und Erfahrungen in den Kopf, die wir gemacht haben und uns vor dem Beginn noch nicht hätten erträumen können. Auf der ersten Etappe waren das Dinge wie das erste Mal am Ruder stehen, die ersten nautischen Unterrichtsstunden oder die erste Backschaft. Im Laufe der Zeit konnten wir dann in fremde Kulturen eintauchen und auch jede neue Seeetappe hält viele Veränderungen bereit.

Veränderungen sind etwas Schönes, denn sie verleihen dem Leben Abwechslung und die Herausforderungen, die sie mit sich bringen, stellen eine spannende Challenge dar. Außerdem kann man schöne Dinge oft erst dann richtig einschätzen, wenn man sieht, wie es ohne sie ist.

Auch diese Etappe ist wieder völlig anders, als die Etappen davor und steht insbesondere im Kontrast zu unserer ersten Atlantiküberquerung, schließlich fahren wir quasi die gleiche Strecke, nur nördlicher und in die entgegengesetzte Richtung. Der größte Unterschied ist, dass alles rückwärts zu verlaufen scheint. Während wir auf dem Weg von Teneriffa in die Karibik immer wieder die Zeit zurückgestellt haben und uns an den zusätzlichen Stunden erfreut haben, müssen wir jetzt die Zeit regelmäßig vorstellen und somit wieder abgeben. Was aber am meisten auffällt, ist, dass es wieder kälter wird. Die Lufttemperatur befindet sich zwar immer noch bei ungefähr 20°C, durch den Wind und den oftmals bedeckten Himmel fühlt es sich jedoch deutlich kühler an. Die Zeit, in der man in kurzer Hose und T-Shirt zur Wache geht, neigt sich also langsam dem Ende zu und beim letzten Umzug haben wir stattdessen unsere warme Kleidung wieder ausgepackt. Wer sein Ölzeug und seine Gummistiefel nicht trägt, um nicht zu frieren, der zieht es trotzdem an, um trocken zu bleiben, denn immer mehr Wellen rollen über das Deck und dem ein oder anderen auch in den Schuh hinein.

Abgesehen von der Temperatur hat sich auch das Wetter, welches durch die zunehmende Anzahl von Hoch- und Tiefdruckgebieten deutlich abwechslungsreicher und rauer geworden ist, im Gegensatz zu den letzten Monaten verändert. Unser Steuermann Peter stellt uns immer, wenn es Neuigkeiten gibt, anhand von Wetterkarten die Vorhersagen der nächsten Tage vor und auch das Tagesprogramm muss sich nach den bevorstehenden Fronten richten. Anstelle eines Wochenplans steht deshalb nur der Plan für die nächsten zwei Tage fest. Auch diese sind möglichst flexibel gestaltet und enthalten etwas Puffer, um spontan zu bleiben und die geplanten Uhrzeiten sind mit Vorsicht zu genießen.

Damit uns das Wetter nicht kalt erwischt, haben wir uns schon auf den Bermudas darauf vorbereitet. Wegen des zu erwartenden starken Winds haben wir die Gaffelsegel gerefft und somit die Segelfläche verringert. Seit wir losgefahren sind, müssen wir auch immer wieder Schotten und Oberlichter schließen, damit kein Wasser ins Innere des Schiffes eindringt.

Alles in allem befinden wir uns gerade auf einer wahnsinnig spannenden Seeetappe, die sich sehr von allen bisherigen unterscheidet. Während wir auf unserem Weg nach Westen immer der untergehenden Sonne entgegengefahren sind, halten wir jetzt Kurs auf den Sonnenaufgang. Es ist erstaunlich, wie ein so kleines Detail ganz neue Perspektiven öffnet. Mir ist vorher noch nie aufgefallen, wie schön es ist, Richtung Osten unterwegs zu sein und aus der Nacht – symbolisiert durch die Dunkelheit hinter einem – in den neuen Tag zur aufgehenden Sonne zu fahren. Ich glaube, das ist auch das Besondere an dieser Reise: man erlebt so viele verschiedene Dinge, indem man die verschiedensten Orte besucht und von so vielen inspirierenden Menschen umgeben ist. Jedes einzelne dieser Erlebnisse ist für sich schon wertvoll, aber alle zusammen sind unbezahlbar.

KUS-Ticker

Donnerstag, 02.03.2023

Mittagsposition: 32°07,7’N; 062°24,6’W
Etmal: 116,7 sm
Wetter: wolkig; Temperatur: Luft 20,5°C, Wasser 20,5°C; Wind: S 1

  • Regulärer Schiffsbetrieb
  • 15:50 Uhr Geburtstagskaffe für Lia
  • 20:15 Uhr Vorlesestunde