Hafenfein, das muss sein

„Unser letztes Mal, unser aller-aller-allerletztes Mal Segel hafenfein packen!“ Sind diese 6,5 Monate wirklich sooo schnell vergangen? Gefühlt sind wir doch vor zwei Monaten erst abgelegt und jetzt kommt das Ende mit einem „Worms!“ durch das Bulleye herein. Als ich mit einem Eimer durchs Schiff gehe, höre ich dabei vier verschiedene Musikrichtungen von den unterschiedlichen Reinschiffstationen. Ich liebe es! Diese laute Musik, das Lachen, gute Laune und dabei wird alles sauber. Auf dem Weg nach unten höre ich „Twenty one Pilots“ im Sanitärbereich und ende bei Abba in der Last, wo wir gegen den Generatorlärm ansingen – genau da helfe ich mit. Die Wände sind langsam aber sicher sauber, meine Stimme heiser und die Wasserfarbe im Eimer wird immer dunkler, so wie die Nordsee immer grüner. Ich klare noch schnell meine Kammer und meine Koje auf. Nachdem der Schiffsrat durchgegangen ist und alles abgenommen hat, geht es über zum besten Teil – die Segel hafenfein packen.

Zum Glück bin ich für die Bram eingeteilt, da man von dort oben die beste Aussicht hat. Zudem macht es Spaß, sie zu packen, weil sie so einfach ist. Nachdem ich aufgeentert bin, will ich auf die Rah übersteigen und merke, dass der Abstand ganz schön groß ist. Mit einem halben Spagat bin ich drüben. Ich picke mich mit dem Arbeitskarabiner ein und weiß direkt, was zu tun ist: Lose in die Gordinge stecken, dann nehme ich mir das Unterliek und warte, bis die Schothörner hochgebunden sind. Es ist schon frisch da oben auf ca. 25 Meter Höhe, bei 8°C und Windstärke 3. Da habe ich gemerkt, dass ich mir mal lieber mehr als nur Fleece und T-Shirt hätte anziehen sollen, aber so wie andere mit sechs Schichten wollte ich auch nicht hoch gehen. Zum Glück scheint die Sonne. Ich lasse meinen Blick über Helgoland schweifen und währenddessen geht es weiter mit Falten greifen und ziehen. Alle sind motiviert, die Segel schön zu packen, dennoch werden meine Hände kälter und das Segeltuch schwieriger zu halten. Aus meinen Fingern werden Eiszapfen. Mit dem Klingeln fürs Mittagessen sind wir fertig.

Es gib eine leckere warme Linsensuppe. In der Messe sitzen wir alle dicht beisammen, löffeln unsere Suppe und trinken warmen Tee. Dabei unterhalten wir uns über interessante Themen. Es geht um das Auslaufen und das erste Mal ein Segel zu setzen. Nach der Mittagspause soll es weiter gehen, die Gaffelsegel müssen noch gemacht werden. Ich helfe mit beim Festsetzen und wenig später bin ich mit beim Großpacken. Das war mein erstes Segel, das ich auf der Reise gezeisert habe. Ich machte da fast alles falsch, was man falsch machen kann, hatte aber trotzdem einen riesigen Spaß. Jetzt denke ich mir: Es ist doch gar nicht so schwierig gewesen.

Zu acht auf der Gaffel zu stehen und ein bisschen Segel packen, ist echt cool. Gegen Nachmittag sind alle Segel fertig gepackt und sehen echt gut aus. Wir gehen extra an die Pier, schauen alles an und sind echt stolz. Mittlerweile sehen wir zwar auch, wo etwas noch einen Hauch besser geht. Die eine Falte kann man noch rausstreichen oder die Beule kann man noch verstecken.

Nach diesem schönen, aber auch etwas anstrengendem Tag gehe ich erst einmal ausgiebig Duschen. Ich komme wieder und sehe die Thor. Sie sieht schon echt schick aus mit gepackten Segeln, so wie sie im Hafen liegt. Ich gehe stolz am CREW-ONLY-Schild vorbei und lege mich mit Isomatte und Schlafsack auf die Ladeluke. Da denke ich drüber nach, dass wir schon über 10.000 Seemeilen, neun Länder und zwei Atlantiküberquerungen hinter uns haben. Es gibt mittlerweile Routine beim Segelpacken und Großreinschiff und trotzdem haben wir immer noch Spaß daran.

KUS-Ticker

Donnerstag, 13.04.2023

Mittagsposition: Südhafen Helgoland
Etmal: 0 sm
Wetter: bewölkt; Temperatur: Luft 8°C, Wasser 7,5°C; Wind: SE 3

  • 08:00 Uhr Wecken
  • 09:30 Uhr Großreinschiff
  • 11:00 Uhr Segelpacken

Freitag, 14.04.2023

Mittagsposition: Südhafen Helgoland
Etmal: 0 sm
Wetter: sonnig; Temperatur: Luft 12°C, Wasser 7,5°C; Wind: S 2

  • 08:00 Uhr Wecken
  • 10:00 Uhr Start Solo
  • 20:00 Uhr Ende Solo