Mein freier Tag in St. George’s

Nach der für mich von Seegang, Regen und gemütlichen Stunden in der Messe geprägten Seeetappe von Kuba zu den Bermudas sind wir gestern hier in St. George’s eingelaufen. Mit der „Artnight“-Party am vorherigen Tag konnten wir unsere Ankunft gehörig feiern und uns auf den, wenn auch nur kurzen, Landaufenthalt einstimmen. Nach noch langem Feiern und Beisammensein am Abend gab es heute einen etwas späteren „Brunch“ um halb neun. Danach war den ganzen Tag Landgang in Dreiergruppen freigegeben.

Bevor wir den Tag aber selbst gestalten konnten, mussten wir noch eine Alternative zu den sanitären Anlagen an Bord finden, da wir keine Möglichkeit hatten, Abwasser an der Pier abzupumpen. Um in einem nahegelegenen Café nachzufragen, ob wir die Toiletten dort nutzen können, haben Paul und ich uns in unsere KUS-T-Shirts geschmissen und sind losgezogen. Nach einiger Zeit haben wir sehr geräumige öffentliche WC am etwa 8 Minuten entfernten Rathaus entdeckt. Zum Glück haben wir zwei Roller an Bord, die den Weg um einiges verkürzen und spaßiger machen!

Direkt am Liegeplatz der Thor gab es einen kleinen Platz mit freiem WLAN. Diese Gelegenheit habe ich, wie viele anderen, auch direkt genutzt, um mich zuhause zu melden. Mit meinen Eltern zu telefonieren war sehr schön und ich habe Geschichten von Bord gegen Neuigkeiten von zuhause ausgetauscht. Während vor uns noch fast zwei Monate voller Segeln, neuer Orte und Abenteuer liegen, beginnt für unsere Familie und Freunde schon langsam die Zeit, in der die Wochen und Tage bis zu unserer Wiederankunft gezählt werden. Zu wissen, dass wir in Deutschland sehnlich erwartet werden, ist eigentlich schön aber auch ein bedrückendes Gefühl, was es einem schwerer macht, im Moment zu leben und nicht frühzeitig in Wehmut über das „bald bevorstehende Ende der Reise“ zu fallen, obwohl noch über ein Viertel der Reise vor uns liegt. Denn ich freue mich zwar irgendwie auf zuhause, aber weiß ganz genau, dass ich mein KUSi-Zuhause, die Thor, viel mehr vermissen werde, als ich jetzt an Deutschland denke. Manchmal träumen wir davon, den Kurs zu ändern und noch monatelang über die Weltmeere zu schippern. Aber warum weiter an den langweiligen Alltag in Europa denken, wenn ich doch mit der Thor noch in Bermuda bin und einen ganzen Tag zur freien Verfügung habe.

Als wir gestern eingelaufen sind, lag bereits die Roald Amundsen, ein Traditionssegelschiff aus Eckernförde vor uns an der Pier. Torge hat zusammen mit zwei anderen KUSis einen Austausch zwischen Thor und Roald organisiert, so dass alle Interessierten eine Führung an Bord bekommen haben. Im Gegenzug haben wir der Besatzung der Roald auch eine Führung auf der Thor gegeben. Die sogenannte Bark hat vor allem Rahsegel und ist ein Zweimaster, ähnlich lang wie die Thor. Mir hat das Schiff sehr gut gefallen und ich hatte Spaß dabei, bereits bekannte Elemente in anderer Ausführung wieder zu erkennen. So gab es genau wie bei uns ein Tassenregal mit Nummern oder eine Müsliecke in der sehr gemütlichen Messe.

Im Anschluss daran haben wir die Stadt St. George’s besichtigt. Weil Sonntag war, hatten die meisten Läden in der kleinen Fußgängerzone geschlossen, aber zusammen mit Ilka, Martha und Torge habe ich einen kleinen, vollgestopften Second-Hand Laden im Stadtzentrum entdeckt, in dem wir ein cooles Teil nach dem anderen entdeckt haben. Das Konzept des Ladens war, eine Tüte für 10 Dollar zu kaufen, die man dann mit allem vollstopfen konnte, was einen angelächelt hat, oder für ausgewählte Stücke einen Preis verhandelt hat. Die Ladenbesitzerin kam uns mit den Preisen sehr entgegen und so ging Ilka mit zwei neuen Shirts, Martha und Torge mit jeweils Hose und Oberteil und ich mit einer neuen Cargo Hose und einem grünen Pullover glücklich zurück zur Thor. Gemeinschaftlich haben sich Torge, Ilka und Martha noch einen dicken, Vintage-Seglerpullover für 30 Dollar gekauft.

Nach unserem unerwartet günstigen und erfolgreichem Shopping-Trip bin ich zum Abschluss des Tages mit Leslie auf den Großmast ins Rigg geklettert, um dort das Mastgeheimnis zu lüften. Oben auf jedem Mast an Bord gibt es kleine versteckte Gegenstände, die Mastgeheimnisse genannt werden. Wir haben uns vorgenommen, alle bis zum Ende der Reise zu lüften. Als ich den Sonnenuntergang von der Saling aus beobachtet habe, konnte ich den Tag noch einmal Revue passieren lassen und meine freie Zeit zum Entspannen nutzen.

KUS-Ticker

Sonntag, 25.02.2024

Mittagsposition: Im Hafen – Pennos Wharf, St. George’s, Bermuda
Etmal: 0 sm
Wetter: Lufttemperatur: 18°C, Wassertemperatur: 18°C, Wind: SW 3

  • 08:30 Uhr: Frühstück
  • 09:00 Uhr: Landgang freigegeben
  • 11:00 Uhr: Schiffsführung Roald Amundsen
  • 12:00 Uhr: Freiwilliges Mittagessen an Bord
  • 18:00 Uhr: Ende Landgang & Abendessen
  • 19:00 Uhr: Schiffsversammlung in der Messe