Warschau Welle

Datum: Dienstag, 03.12.2024
Mittagsposition: 14º34,3’N; 048º54,3‘W
Etmal: 136 sm
Lufttemperatur: 29,6° C, Wassertemperatur: 29° C, Windrichtung und Stärke: ENE 6

Warschau steht für „Warnung Schau“ und steht für Vorsicht im Fachjargon. „Warschau Welle“ habe ich während der letzten Tage wieder öfter gehört, denn seit dem Wochenende hat der Wind zugenommen. Wir bewegen uns etwas flotter fort, was heißt, mit fünf bis sieben Knoten. Die Krängung, also die Neigung des Schiffs, hat zugenommen und die leichten Wellen, die dir über die Füße streichen, wurden zu Wellen, die dir auf die Füße schlagen. Wellen, die über das Schanzkleid ragen und genau in dem Moment, in dem du gerade nicht dein Blatt in der Hand hast, zuschlagen. Das Diagramm, welches du während der Physikarbeit am Montag zeichnest, ist nicht mehr ganz gerade. Die Lehrkräfte sprechen nicht gegen die Klasse, sondern gegen das Wasser, das sich zwischen den 6,5 Meter breiten Deck hin und her schaukelt, an. In der Kombüse muss man sich mittlerweile wieder an Tampen festzeisern und die Geräuschkulisse ist eine Kombination aus dem Klirren herunterfallender Kombüsen-Utensilien und der seit Sonntag aufkommenden Weihnachtsmusik. Ich bin aber bis jetzt noch nicht wirklich in Weihnachtsstimmung. Bei 30° C und Sonnenschein mitten auf dem Atlantik fällt das auch wirklich schwer. Der Adventskalender, bei dem jeden Tag jemand anderes dran ist und der exklusive Gutscheine bereithält wie „Nachtisch deiner Wahl“ oder „Filmauswahl beim Filmabend“ ist aber trotzdem super. Das Draußenschlafen musste leider auch an Attraktivität einbüßen, da man damit rechnen muss, nass zu werden. Auf der Ladeluke müsste man eigentlich mit Sicherheitsgurt schlafen, um nicht herunterzufallen und der Pool muss öfter nachgefüllt werden, da viel mehr Wasser aus ihm schwappt.

Starken Seegang hatten wir zwar schon auf der Reise, aber das ist schon länger her. Jetzt schaukelt es das erste Mal seit langem wieder so richtig. Die eben genannten Folgen stellen den Seegang eher in schlechtes Licht – der Seegang als etwas Störendes. Und ja, der Seegang ist ein störender Faktor für viele alltägliche Dinge wie z.B. laufen. Ich mag es aber, wenn der Seegang etwas stärker ist. Einer kleinen, auf keinen Fall repräsentativen Umfrage am hinteren Backbord-Messetisch zufolge bin ich nicht der Einzige, der das so sieht.

Am Ende des Tages macht der Seegang viel Alltägliches interessanter und lustiger. Wenn man z.B. auf der Messebank hin und her rutscht oder mit seinen Freunden wettet, wer länger auf der Nagelbank sitzen bleibt und nicht vor der Welle scheut.

Ein störender Faktor im Alltag muss auch nichts Schlechtes bedeuten. Viele Dinge müssen hier eben bewusst gemacht werden. Auf Treppen konzentriere ich mich beispielsweise zuhause eher weniger. Hier muss ich aber sehr fokussiert die Niedergänge herabschreiten.

Schön an der Krängung finde ich auch die Dünung, von der sie erzeugt wird, zu beobachten. Ich beobachte, wie sich eine weiße Gischt bildet, die fliegenden Fische vor den Thunfischen fliehen und sich deswegen ab und zu auf die Thor verirren und das Wasser über das Schanzkleid schießt. Ich beobachte auch, wie sich die Menschen im Unterricht so verhalten, als wären sie in einem normalen Klassenzimmer. Aber vor allem vom Achterdeck aus, hinten am Schiff, sieht man, dass wir das Privileg haben, an einem der außergewöhnlichsten Orte zu lernen, die man sich vorstellen kann.

Generell merke ich an mir selbst, dass ich mich schnell an diese außergewöhnliche Situation gewöhne. Beim konzentrierten Bearbeiten einer Aufgabe in der Messe, beispielsweise während der Freiarbeit, vergesse ich leicht, wo ich eigentlich bin – auf einem knapp 50 Meter langen, 6,5 Meter breiten Schiff mitten im weiten Blau. An vieles kann man sich gewöhnen. Auch an den Seegang. Ich bin zum Beispiel nicht mehr seekrank. Woran ich mich aber nicht gewöhnen kann, ist der ständige leichte oder auch manchmal etwas stärkere Druck nach Backbord oder Steuerbord. Wenn ich zum Beispiel hoch konzentriert in der Messe meinen Blog schreibe und vergesse, dass ich mich Mitten im Ozean befinde, dann erinnert mich das Hin- und Hergeschaukel wieder daran. Der Seegang erinnert mich immer wieder ein wenig, wie besonders diese Reise ist. Deshalb mag ich den Seegang. Ich mag die Gedanken und Erlebnisse, die mit ihm verbunden sind.

KUS-Ticker

Montag, 02.12.2024

  • Adventskalendertürchen für Rahel und Vroni
  • 13:15-14:00 Uhr: Physiktest Unterrichtsgruppe B
  • 14:05-14:50 Uhr: Physiktest Unterrichtsgruppe A
  • 18:45 Uhr: Schülerversammlung

Dienstag, 03.12.2024

  • Adventskalendertürchen für Lotta und Karo