Realität der Kontraste

Datum: 17.12.2024
Mittagsposition:12°39,1’N; 061°23,6’W
Etmal: 0 sm
Lufttemperatur: 24,5° C, Wassertemperatur: 24,5° C, Windrichtung und Stärke 0

Wir schreiben den 16.12.2024. Ich stehe morgens auf und die tiefstehende, gerade aufgehende Sonne wärmt meine Haut. Ich höre die Wellen, die gegen unseren Rumpf schwappen und das Schiff ganz leicht hin und her schaukeln lassen. Nach dem Frühstück haben wir die Möglichkeit, entweder ans Riff oder an den Strand zu fahren. Am Strand angekommen, wühle ich meine Zehen in den warmen, aber nassen Sand. Er klebt bereits nach wenigen Sekunden an meinen Füßen und wird da wahrscheinlich noch eine ganze Weile bleiben! Das Wasser spritzt gegen meine Beine und kühlt meine Haut. Wir spannen unsere Hängematten zwischen den Palmen, bemüht, ein schattiges Plätzchen zu finden. Als wir unser Lager fertig aufgebaut haben, streifen wir unsere Kleidung ab, sodass wir in unserer Badebekleidung herumlaufen können, breiten unsere Handtücher aus und holen unsere Taucherbrillen aus unseren Rucksäcken. Die ersten rennen ins Wasser, um die Schildkröten, Fische, Seeigel und Rochen zu beobachten. Einige fahren Kajak, gehen spazieren, lesen, machen Mittagsschlaf oder unterhalten sich. Am frühen Abend kehren wir nach Hause zurück, um an Bord zu Abend zu essen. Der Tag neigt sich mit einem goldenen Sonnenuntergang langsam dem Ende zu, und wir sind alle zufrieden und glücklich, dass unsere Vorstellung einer Karibikinsel getroffen wurde.

Am nächsten Morgen bereiten wir uns darauf vor, dass Riff zu verlassen und unseren nächsten Stopp, Union Island, anzusteuern. Am Mittag hieven wir die Anker und nach etwa 1,5 Stunden Überfahrt haben wir die Tobago Cays hinter uns gelassen und sind auf Union Island angekommen. Während der letzten Minuten, bevor wir ankern, ist es gespenstisch still an Bord. Alle lehnen über der Reling oder auf dem Schanzkleid, um die Aussicht vor uns zu betrachten. Mit einem Mal werden uns die tatsächlichen Auswirkungen des Hurrikan Beryll bewusst. Neben mir steht Madeleine. „Diese Leute haben viel weniger als wir und jetzt wurde ihnen alles genommen, was sie haben!“, sagt sie. Ja, da hast du Recht. Vor uns erstrecken sich die Folgen dieses Schicksalsschlags. Überall sehen wir eingestürzte Dächer, weggebrochene Hauswände oder Müll, der an Land gespült wurde. Die Menschen versuchen, sich mit Planen vor dem Regen zu schützen und überall laufen die Aufbauarbeiten. Es ist bedrückend und erschreckend, das alles zu sehen. Wie muss das dann also für die Menschen gewesen sein, als dieser Sturm hier vorbeigezogen ist?

Am Abend fahren wir für einen Empfang an Land. Dort werden wir von mit bunten Kopftüchern geschmückten Tänzerinnen in wunderschönen Röcken begrüßt. Wir bekommen eine Aufführung der Tanzgruppe der Inseln zu sehen. Die Jungen sitzen auf Stühlen und trommeln schnelle, ansteckende Rhythmen, zu denen die Mädchen und Frauen mit wallenden Röcken tanzen. Die ganze Zeit sind ihre Füße in Bewegung, ihre Hände zeichnen die außergewöhnlichsten Muster in die Luft und ihre Gesichter sind mit Stolz gefüllt. Es ist ansteckend, diesen Tänzerinnen dabei zuzusehen, wie sie die Musik ihrer Heimat und ihrer Familien in sich aufsaugen und ihre Gefühle dann in Bewegungen umwandeln. Man spürt den Stolz und die Freude, die sie daran haben.

Diese Gefühle wurden auch auf uns übertragen, als sie uns an der Hand genommen haben, um uns zum Tanzen in die Mitte des Halbkreises zu ziehen. Wir konnten einige erste Schritte lernen. Oft war es anfangs noch etwas ungeschickt, aber in diesem Moment war es egal, wie man dabei aussieht. Der Kontakt mit den Menschen und das Eintauchen in diese Kultur waren soviel bedeutender. Wir konnten mit den Menschen sprechen, die uns auch oft etwas über ihr Leben nach dem Hurrikan erzählt haben und die natürlich äußerst geprägt sind von diesem Erlebnis. Diese Gespräche waren sehr ernüchternd und oft wusste man gar nicht, wie man reagieren soll. Niemand von uns hat je so etwas erlebt und wir können uns deswegen schlecht in die Situation hineinversetzen. Aber selbst, wenn wir uns nicht zu 100% in die Lage der Menschen versetzen können, können wir es zumindest versuchen. Und wir können versuchen, die Menschen hier sowohl durch Spenden, als auch durch mitfühlende Anerkennung ihres Schicksals und, in gewisser Weise, einer Art Ablenkung zu unterstützen.

KUS-Ticker

Montag, 16.12.24

  • 09:00 Uhr: Schülerversammlung

Dienstag, 17.12.24

  • 13:00 Uhr: Hieven der Anker und Auslaufen aus den Tobago Cays
  • 15:30 Uhr: Einlaufen Union Island