Tagesprojektleitung – Von Planung keine Ahnung
Datum: 03.01.2025
„Jeder wollte alles wissen, dabei hatten wir doch selber keine Ahnung“
– Fahrt ins Camp zu Miguel
„Alles läuft nach Plan“ (Im Hintergrund) „Welcher Plan?“
– Stadtführung durch Casco Viejo
„Die größte Herausforderung war herauszufinden, ob alle da sind“
– Besuch der Kaffeeplantage in Boquete
Diese Zitate fassen ganz gut zusammen, wie es den Tagesprojektleitungen bei ihren doch sehr verantwortungsvollen und stressigen Aufgaben so ergangen ist. Doch was ist eigentlich diese ominöse Tagesprojektleitung und was macht sie so besonders, dass es gleich zwei ganze Blogeinträge über sie gibt?
Wir übernehmen dabei, wie der Name schon sagt, für jeweils einen Tag die Leitung unserer Gruppe. Dazu müssen immer jeweils zwei bis drei Schüler die komplette Organisation und Planung durchführen, wobei sie auch Koordinatoren und Ansprechpartner für alle sind. Die eigentliche Projektleitung kann sich dabei zurücklehnen und, wie Ruth einmal so schön sagte, die All-inclusive-Tour genießen. Ganz so ist es natürlich nicht, denn diese ist immer noch für uns verantwortlich und in brenzligen Situationen oder gar Notfällen kann sie jederzeit eingreifen. Außer in diesen Fällen erledigen wir aber selbständig alle anfallenden Aufgaben. Was das im Detail bedeutet, lässt sich allerdings nicht sagen, denn die Tage hätten unterschiedlicher nicht sein können und jeder war auf seine eigene Art herausfordernd. Um dennoch einen Einblick zu gewähren, wollen wir unsere Erfahrungen in diesem Eintrag teilen und erklären, wie wir die TPL (Abkürzung für Tagesprojektleitung) wahrgenommen haben.
Direkt am ersten Tag dran zu sein, war für Helena, Julian und mich (Luca) natürlich erstmal herausfordernd, zumal es sehr viel zu erledigen gab. Zum einen sollten wir zum ersten Mal seit drei Monaten unser Zuhause verlassen und so ein Auszug will natürlich geplant sein. Wir setzten uns also vor ein Whiteboard und diskutierten, wie viel Schlaf moralisch noch vertretbar wäre. Dabei galt es, diesen gegen Zeitpuffer aufzuwiegen. Zwar hatten wir schon eine Vorstellung, wie lange gewisse Dinge wie zum Beispiel Großreinschiff dauern, jedoch hatten wir die Sorge, dass irgendetwas dazwischenkommt und wir es nicht rechtzeitig an Land schaffen würden. Andererseits würden wir am selben Tag noch eine Wanderung mit unbekannter Länge durch den Regenwald durchführen und zu wenig Schlaf wäre dabei natürlich nicht förderlich. Am Ende hatten wir selbst für KUS-Verhältnisse einen eng getakteten Plan, der jedoch sogar besser als erwartet aufging und so standen alle eine halbe Stunde zu früh auf dem Hauptdeck eines blitzeblank geputzten Schiffs. An Land wartete gemeinsam mit dem Bus auch schon die nächste Herausforderung auf uns: Wir wussten nämlich selbst nicht so wirklich, wo genau unser Ziel lag und da wir alle drei Spanisch-Anfänger waren, erwies sich die Kommunikation als sehr schwer bis unmöglich. Schlussendlich schafften wir es trotzdem und irgendwo im Nirgendwo wartete schließlich Miguel am Straßenrand auf uns. Ihn verstanden wir zum Glück auch deutlich besser und die Wanderung war auch unkompliziert, bis auf seine lustigen Zeitangaben: Als er meinte, wir wären in drei Minuten beim Camp, dauerte es in Wahrheit ganze vierzig. Als dann aber alle angekommen waren, verteilten wir auch noch die Schlafplätze in den Hütten. Ansonsten nahm uns Miguel aber natürlich viel Arbeit und Verantwortung ab, sodass wir auch den ersten Abend im Urwald genießen konnten.
Lia und ich (Johannes) waren am zweiten Tag zusammen TPL, dem ersten ganzen Tag bei Miguel. Direkt am Anfang sind uns, wie auch der TPL vor uns, einige Unterschiede im Hinblick auf das Zeitmanagement und die Zeitplanung zu Deutschland aufgefallen. Als wir versuchten, den Tag vollständig durchzuplanen, fiel uns auf, dass die Menschen in Panama (und vor allem im Urwald) etwas gelassener leben. Unser gesamtes Programm war wetterabhängig: Ein entspannter Morgen, an dem wir im Urwald Holz, Yucca – eine sehr leckere essbare Wurzel, die in Panama so viel wie die Kartoffel in Deutschland gegessen wird – und weitere Nutzpflanzen sammelten und Feuer in den Hütten und bei den Hängematten machten; am Nachmittag eine kurze Wanderung zu einer schönen Badestelle am Fluss, den wir auf der Weiterreise durchschwimmen würden und das Sammeln von Samen der Tagua-Palme, auch Tagua-Perlen genannt, aus denen Schmuck gefertigt wird. Auch die Mahlzeiten waren stark von unserer Rückkehr ins Camp abhängig, sodass wir zwar planen wollten, dies aber meist nur sehr kurzfristig konnten. Aufgrund des Wetters und einigem Zeitverzug, der auch dem geschuldet war, dass wir unsere Hängematten in der Hängemattenhütte unklug aufgehängt hatten, konnten wir also die Samen der Tagua-Palme nicht sammeln, was aber am nächsten Tag nachgeholt wurde. Trotz der Sprachbarriere lief die Zusammenarbeit mit Miguel sehr gut, auch wenn manchmal Missverständnisse entstanden. Ich wollte zum Beispiel wissen, wann es Abendessen geben würde und fragte „¿Cuánto es la cena?“ („Wie viel ist/kostet das Abendessen?“) Richtig wäre es „¿Cuándo es la cena?“ gewesen, aber dies führte zu einer sehr witzigen Situation, in der die beherzte Antwort von Miguel lautete: „¡Uno, dos, tres – no lo se!“ („eins, zwei, drei – ich weiß es nicht!“) Schlussendlich klärten wir aber dann doch ab, wann das Abendessen geplant war und der restliche Tag ging schnell vorbei.
Da wir insgesamt nur das Programm mit Miguel organisieren mussten, war mein Tag als TPL (auf Spanisch „lideres del día“) ein sehr entspannter.
Allein diese beiden Beispiele zeigen, wie komplett unterschiedlich eine TPL sein kann, obwohl sie nur einen Tag auseinanderlagen. Auch wenn es manchmal etwas chaotisch war, ist aber die wichtigste Lektion: Irgendwie klappt es immer. Es hat sich auch gezeigt, dass es eine durchaus herausfordernde Aufgabe sein kann. Allerdings sind Herausforderung durchaus etwas Positives, denn dabei sammelt man immer wertvolle Erfahrungen, aus denen man viel lernen kann. Dass KUS uns den Raum gibt, eine derartige Verantwortung über 36 Menschen in einem fremden Land zu übernehmen, ist selbstverständlich nicht selbstverständlich. Für diesen Vertrauensvorschuss sind wir sehr dankbar und freuen uns schon auf Kuba, wo die nächste Runde TPL ansteht.