Spanisch, Hände, Füße und komische Geräusche
Datum: 12.01.2025
Spanisch reden in der Gastfamilie ist, wie wenn du mit den Füßen im Wasser stehst, die seichten Wellen genießt und plötzlich eine riesengroße Welle kommt und dich mit neuen Wörtern einer fremden Sprache überrollt. Buenas noches. ¿Cómo estás? ¿Cómo te llamas?
Gleich zu Beginn wurden uns die spanischen Fragen in Höchstgeschwindigkeit um die Ohren geworfen. Das haben wir dank des Unterrichts auf der Thor gerade noch verstanden, sobald dann aber unsere neuen Gast-Großeltern mit ihrem Dialekt gesprochen haben, wurde es etwas komplizierter. Antworten ist dann eine andere Sache.
Nach einer langen und anstrengenden Busfahrt sind wir am 09.01. in Boquete angekommen. Einer nach dem anderen wurden wir vor der Sprachschule meist zu dritt in Gastfamilien eingeteilt. Jeder wurde von seiner neuen Familie freundlich umarmt, in 90 Prozent der Fälle in einen weißen Pickup verladen und in das neue Zuhause für die nächsten Tage gebracht. Ich (Lia) war mit Caspar bei einem sehr lieben älteren Ehepaar und direkt daneben hat Helena bei der Tochter unserer Gasteltern gelebt. Ich (Finn) habe mit Jovan bei einem älteren Ehepaar gewohnt. Wir hatten jeder ein Zimmer, aber José, unser Gastvater, war echt sehr schwierig zu verstehen.
Anschließend hieß es erstmal ankommen in einer völlig neuen Welt und Kultur. Nach drei Monaten: das erste Mal wieder einen geregelten Alltag mit festen Schlafenszeiten. Morgens aufstehen, frühstücken, Unterricht in der Sprachschule und auch das erste Mal wieder über längeren Zeitraum Kontakt nach Hause.
Am ersten Abend habe ich (Lia) meiner Gastfamilie das Leben auf der Thor erklärt, was eher einem Activity-Spiel ähnelte, weil es eine Mischung aus spanischen Wortketten, Aufzeichnen von typischen Dingen, zeigen von Fotos und Pantomime war. Als ich meiner Gastmutter nach 20 Minuten erklärt hatte, dass ich ins Rigg klettere, Segel packe und auch noch am Ruder stehe, hat sie mich entgeistert angestarrt und murmelte nur „no no no“.
Das man nicht gut Spanisch sprechen kann, ist eigentlich kein Problem. Irgendwie verständigt man sich und mit Händen, Füßen und Wörterbuch kommt man echt weit. Es schafft außerdem sehr viele witzige Situationen, wenn man zum Beispiel sagen möchte, dass das Essen sehr lecker schmeckt, stattdessen allerdings verkündet, dass es sehr teuer ist. Oder, dass ich (Finn) auf der Feria – dem Blumenfest – welches immer im Januar in Boquete stattfindet, tanzen möchte und meiner Gastfamilie vorgetanzt habe, um zu erklären, was ich machen möchte. In Pantomime sind wir in Zukunft definitiv besser.
Auch das Essen – la comida – ist etwas anders als zuhause oder auf der Thor. Oft haben wir Reis mit Fleisch oder frittierte Teig- oder Maisfladen bekommen und dazu sehr süßen, fast schon radioaktiven Saft. Besonders lecker fanden wir die typischen Koch-Bananen (Platanos): Entweder in einer süßen Flüssigkeit gekocht oder frittiert zu einem Bananenfladen, Patacones genannt. In jeder Familie war es unterschiedlich, aber bei uns haben immer die Gastmütter für uns gekocht und auf keinen Fall durften wir helfen. Oft saßen wir dann allein am Tisch, um zu essen. Viele von uns fanden es schade, dass wir nicht gemeinsam gegessen haben, aber meistens war jemand da, der in der Küche war und uns spanische Familiengeschichten erzählt hat.
In unterschiedlichen Ländern und Kontinenten herrschen eben andere Sitten und Bräuche. In meiner Gastfamilie (Finn) wurde zum Beispiel beim Essen nicht aufeinander gewartet und alle haben einfach losgegessen. Am Anfang war das für mich etwas befremdlich, ist in meiner Familie aber normal, was auch völlig in Ordnung ist.
Nicht in jeder Gastfamilie war es selbstverständlich, dass es fließendes Trinkwasser oder eine Dusche gab. Toilettenpapier wird in einen Eimer geworfen und wenn man Glück hatte, ging die Spülung und das Klo war nicht verstopft.
Viele Gastmütter haben die dreckige Wäsche in unseren Zimmern gewaschen und wieder gefaltet auf unsere Betten gelegt. Generell waren die Familien sehr zuvorkommend und gastfreundlich. Auch morgens haben wir zwar alle unsere Betten ordentlich gemacht, allerdings wurden sie jeden Tag noch einmal fein gefaltet.
Das waren ein paar Gedanken und Erfahrungen von uns. Jeder und jede war allerdings in einer anderen Gastfamilie untergebracht – einige in richtigen Villen und andere eben in einfachen panamaischen Häusern. Deshalb hat jeder auch unterschiedliche Erfahrungen gemacht.
Im Großen und Ganzen waren wir aber alle sehr zufrieden und haben viele lohnende Eindrücke gesammelt. Uns sind zum Beispiel unsere Gastfamilien echt ans Herz gewachsen und der Abschied war trotz der kurzen Zeit etwas traurig.