Unser Tag als Tagesprojektleitung bei der Fahrradtour
Datum: 30.01.2025
Die Tage als Tagesprojektleitung (TPL) sind stets ein Abenteuer für sich. Vor allem während einer Radtour, bei der 34 Jugendliche und 3 Erwachsene von Polizist/-innen auf Motorrädern mit Sirenen und Blaulicht begleitet durch das schlaglochreiche Kuba fahren.
Eine der schwersten Aufgaben kommt gleich zu Beginn: die ganze Gruppe mit gepackten Sachen und allen abzugebenden Schlüsseln an einem Ort zu versammeln. Dann fehlt ein Schlüssel, dort wird ein Rucksack vermisst, oder am besten: der Wecker hat gar nicht erst geklingelt und es wurde verschlafen. So erfand jede TPL eine eigene Taktik: Entweder man sagt, dass die Uhrzeit, zu der alle am Treffpunkt sein sollen, eine halbe Stunde eher ist als in Wahrheit, oder man verhängt Strafen, zum Beispiel für jede Minute des Zuspätkommens 10 Sit-Ups. So gelang es uns als Gruppe mehr oder weniger, pünktlich zu sein.
Bevor es losgehen konnte, mussten wir noch so einige Punkte auf unserer Liste abhaken: alle Trekkingrucksäcke unten sowie alle Tagesrucksäcke oben im Bus verstauen, davor die letzten Toilettengänge erledigen und mit Sonnencreme eincremen, die Spenden an die Gastgeber/-innen übergeben und diese mit ein paar kleinen Dankesworten der TPL und einem Foto verabschieden. Zuletzt mussten natürlich alle Mitfahrer/-innen einen Helm tragen und die Fahrräder geprüft werden. Diesen Punkt müssen wir genauer erklären: Karo, bzw. später ausgewählte KUSis überprüften die Festigkeit der Räder, Lenker und Pedale. Anschließend folgte der Bremstest mit Vollbremsung, natürlich aus Höchstgeschwindigkeit. Die letzten Defekte an den Fahrrädern wurden repariert und alle Reifen ein letztes Mal aufgepumpt. Als letzten Punkt erklärten wir die Zeichen: eine gehobene Faust zum Stehenbleiben und ein gehobener, nach oben kreisender Finger als Zeichen für ein kommendes Schlagloch. Nach dem Losfahren gingen wir bald dazu über einhändig zu fahren, doch trotz so viel Spaß ließen wir es lieber bleiben, denn die Straßen hatten nicht nur ein paar Schlaglöcher, sondern sie waren ein einziges Schlagloch. Daher gaben wir schon bald unsere Zeichen auf und nutzten sie nur noch bei Gefahr für Räder und Reifen.
Mit so großen Gruppen auf holprigen Straßen Fahrrad zu fahren endet – wie wir gelernt haben – schnell im Chaos. Da wir fast alle Fahrräder des Opas oder Nachbarn dabeihatten, gab es natürlich welche, die mit der Zeit einfach auseinanderfielen. Die vielen Schlaglöcher und Hubbel, die uns und die Fahrräder durchschüttelten und -rüttelten, machten es dann auch nicht besser. Dementsprechend wussten wir oft sofort, welches Fahrrad eine Panne hatte, sobald das Zeichen zum unplanmäßigen Anhalten kam. Kuba ist zwar ein Land mit wunderschönen Landschaften und netten Begegnungen, aber auch eines mit vielen Höhen und Tiefen, die uns bei Problemen oft stocken ließen. Bevor wir wussten, was auf uns zukam, hielten wir mitten in einem Anstieg und durften dann nach dem „Weiter!“ alles hochstrampeln. Den Fehler machten wir natürlich nicht ein weiteres Mal.
Die Polizistinnen und Polizisten, die unsere gesamte Tour zu unserer Sicherheit begleitet haben, zeigten uns den Weg und kannten die besten Plätze für Pausen, die manchmal zu einer spontanen Rauchpause ihrerseits nach einem Berg wurden. Bis wir dann alle unsere Fahrräder so hinstellten, dass noch alle Autos sowie der Bus, der auch einen Platz brauchte, durchkonnten, alle ihre Wasserflaschen aus dem Bus geholt, sie aufgefüllt, geleert und wieder zurückgebracht hatten, dauerte es immer länger als geplant und wir konnten endlich wieder los – leider immer mit ungenauen Streckenangaben bis zur nächsten Pause, die häufig zwischen 15 und 30 Kilometern variierten. Doch die Freude auf die potenzielle Dusche, ein leckeres Abendessen und ein Bett half, weiterzufahren. Viele schmerzende Körperteile, kaputte Fahrräder, die im Bus lagern und von Zeit zu Zeit gestresste oder glückliche TPL machten die Fahrradtour zu einem großen Ereignis in Kuba. Die Aufgabe der TPL war es einerseits, mit den Polizisten zu kommunizieren (natürlich in unserem gebrochenen Spanisch oder mit Hilfe der Spanisch-Fortgeschrittenen) und andererseits die Gruppe beisammenzuhalten. Musste eine Person wegen einer Panne oder Pinkelpause anhalten, musste die ganze Gruppe anhalten. Die vorne fahrende TPL gab eine Geschwindigkeit vor, bei der alle mitkommen und die hinten fahrende TPL war das Schlusslicht als Sammler für Nachzügler und Plattenfahrräder. Wir machten regelmäßig Trinkpausen und eine längere Mittagspause, bei der wir viel Energie durch Peso-Pizzen und Müsliriegel bekamen.
Ein besonderes Erlebnis waren die Polizistinnen und Polizisten, die für unsere Sicherheit sorgten. Sie sperrten die Straßen ab, schickten die Autos, Motorräder und auch Fahrräder an den Straßenrand und in den größeren Städten wurden wir mit Blaulicht und Sirene als kommende Attraktionen angekündigt. Den meisten von uns war es ein wenig unangenehm, wie berühmte Persönlichkeiten angekündigt und von allen gefilmt zu werden. Dass wir in unseren Hotels von den Medien empfangen wurden, überforderte uns, aber wir beantworteten die Fragen der Jugendlichen und Reporter offen. Wir wurden für das kubanische Fernsehen gefilmt und interviewt, ebenso wie für eine Mediengruppe der örtlichen Schule. Nach der Dusche und einem Abendessen, die beide einen Blog für sich verdienen würden, fielen wir alle erschöpft und müde ins Bett. Am nächsten Morgen ging alles wieder von vorne los, nur das nun eine andere TPL übernahm.