Finnen, Fluken, Walfische
Datum: 14.03.2025
Mittagsposition: 38°31,8’N; 028°37,4‘W (Horta/Faial)
Lufttemperatur: 15 °C, Wassertemperatur: 15 °C, Windrichtung und Stärke: NNW 3
Mein Tag beginnt um 07:00 Uhr. Energisch werde ich zum Whale-Watching geweckt. Ich möchte eigentlich nicht einsehen, dass ich jetzt schon aufstehen soll, schwinge meine Beine dann trotzdem über die Kante, streife mir einen Pulli über und tapse verschlafen in die Messe zum Frühstück. Wie jeden Tag esse ich eine Schüssel Obstsalat, danach schnappe ich mir noch ein Brot mit Käse. Ute, die unseren Ausflug begleitet, teilt uns mit, dass wir uns um 08:30 Uhr in Ölzeug an der Pier treffen. Na super, eine Dreiviertelstunde nichts zu tun. Ich tapse also nach dem Frühstück zurück in meine Koje und lese. Vielleicht sollte ich nicht „Der Schwarm“ weiterlesen – unter anderem werden in diesem Buch Whale-Watching-Boote von Walen angegriffen und versenkt – aber ich entscheide mich trotzdem dafür und versinke in den Zeilen über den Krieg zwischen dem Meer und der Menschheit. Um circa zwanzig nach acht, als das Kapitel endet, verlasse ich meine Koje dann doch und ziehe mich regenfest an. Sobald ich dann wenig später in praller Sonne an der Pier stehe, stelle ich fest, dass meine Klamotten-Wa(h)l doch eher zu Regen und sieben Windstärken gepasst hätte. Ich ziehe also meine Ölzeug-Jacke aus und warte bis auch der letzte unserer Gruppe noch eingetrudelt ist. Dann machen wir uns gemeinsam auf den Weg Richtung Whale-Watching-Station.
Eine Viertelstunde später erreichen wir einen kleinen Infostand am Rande der Marina, wo wir herzlich von zwei Personen empfangen werden. Sie stellen sich als Pedro, unser Skipper, und Martha, unsere Guide, vor. Martha zeigt uns erst einmal an einem Plakat die ansässigen Walarten. Sie erzählt von Pottwalen – den geselligen Tieftauchern – Blauwalen – den einsamen Wanderern – Bartenwalen, Zahnwalen, Walen mit rundem Kopf, kleinen Walen, großen Walen. Das war so viel, dass ich das meiste davon leider schon vergessen habe. Einzelne Funfacts konnte ich mir natürlich schon merken. Zum Beispiel weiß ich noch, dass Pottwale ein Blasloch haben, welches an der Seite des Kopfes ist, sodass sie einen diagonalen Blas erzeugen: Zeigt dieser in die eine Richtung, kommt der Wal auf einen zu, zeigt er in die andere Richtung, schwimmt er davon. Blauwale heißen auch nur deshalb Blauwale, weil sie unter Wasser blau aussehen.
Martha hält das Briefing extra kurz (schafft es aber trotzdem, allerlei weitere Informationen reinzupacken), da wohl schon Pottwale südlich von Faial gesichtet wurden. Wir legen also Schwimmwesten an und gehen dann hinüber zu einem blauen Zodiac, einem größeren Schlauchboot mit festem Boden und bequemen Sitzen. Pedro legt ab und fährt hinaus auf den Atlantik.
Das Erste, was wir sehen, sind ein paar Delfine, die überraschend nah an das Boot herankommen. Nur einen Meter entfernt lugen die Finnen über der Wasserfläche hervor. Wir halten uns nicht allzu lange bei den Delfinen auf, da Pedro uns noch die großen Wale zeigen will. Um dort hinzugelangen, müssen wir auf die Südseite der Insel. Pedro gibt Gas und wir flitzen über die Wellen. „Von mir aus müssen wir gar keine Wale sehen, das hier macht schon genug Spaß“ sage ich zu Lene, welche neben mir sitzt. Während der Fahrt unterhalten wir uns über dies und das, schauen ab und zu Richtung Pico – den höchsten Berg Portugals – und stellen jedes Mal fest, dass hier unten doch einfach geileres Wetter ist. Der Pico ist nämlich wolkenverhangen und grau, während wir auf dem Zodiac froh um unsere Sonnenbrillen sind. Ein Großteil der KUSis ist, statt wie wir auf Whale-Watching-Tour zu gehen, nämlich auf den Pico gewandert und hat durch die Wolken den guten Ausblick leider verwehrt bekommen. Auf einmal ändert Pedro den Kurs und wir werden noch ein bisschen schneller. Martha kommt nach vorne zu uns und gibt uns das weiter, was per Funk bei Pedro und ihr angekommen ist: Blauwale ganz in unserer Nähe! Während wir alle die Augen offenhalten, erzählt Martha uns noch weitere Details zu dieser Art: Wie lange und wie tief Blauwale tauchen, ihre Wanderrouten, wie schnell sie schwimmen.
Plötzlich sehe ich ein türkises Leuchten unter der Wasseroberfläche. „Right over there! “ rufe ich und unterbreche damit Marta. Ein Raunen geht durch das Zodiac, Pedro, unser Skipper, dreht bei und fährt ein kleines Stück näher an das Tier heran. Gebannt beobachten wir den glatten, grauen Buckel, der sich aus dem Wasser erhebt. Er ist ganz schön grau für einen Blauwal. Wie würde es sich anfühlen, ihn zu berühren? Wäre er kalt oder warm? Das Tier taucht langsam wieder ab und hinterlässt eine glatte Fläche in dem sonst so kräuseligen Wasser. Wie krass wäre es, einen zweiten zu sehen?
Marta erzählt uns anschließend etwas über die sogenannten Flukeprints: die glatten Flächen. Der Wal hinterlässt sie beim Schwimmen an der Oberfläche – je größer sie sind, desto tiefer ist der Wal abgetaucht. Bei unserem Blauwal war ein großer Flukeprint, deswegen gehen Pedro und Marta davon aus, dass es eine Weile dauern wird, bis der Wal wieder auftaucht. Wir dümpelten eine Zeit lang auf den Wellen. Nach einer Weile sehen wir einen Blas und fahren darauf zu. Erneut sehen wir einen Buckel und als der Wal dieses Mal abtaucht, sehen wir sogar die riesige Fluke (die Schwanzflosse).
Danach sehen wir zunächst nichts mehr. Das nächste Mal, als Pedro Gas gibt, erzählt uns Marta, dass gleich mehrere Blauwale bei uns in der Nähe sind. Wir sausen über das Wasser, die Gischt spritzt zu den Seiten weg, während das Boot immer wieder in die Wellentäler fällt. Ich schaue in die Wellen vor mir, als vor uns zwei türkise Silhouetten in ihnen auftauchen. Erst jetzt erkenne ich die tatsächliche Größe dieser Tiere. Blitzartig schießen mir verschiedene Gedanken durch den Kopf: Da waren Glück, Freude, Ungläubigkeit, ich habe mich klein gefühlt angesichts der Größe dieser Tiere, da war Hilflosigkeit, weil Wale zum Teil immer noch gejagt werden, Überwältigung…
Es sind wohl insgesamt vier bis fünf Individuen gerade um uns herum, doch leider haben wir doch nur begrenzt Zeit und müssen umdrehen. Auf dem Rückweg sehen wir noch Delfine. Sie schwimmen direkt unter unserem Bug, spielen in der Bugwelle und springen ab und zu sogar aus dem Wasser. Auf der Thor haben wir auch immer wieder Delfine gesehen, doch es ist schon etwas anderes, wenn sie nur eine Armlänge entfernt schwimmen, du ihnen in die Augen schauen kannst, Narben siehst, die Farben der Haut erkennst. Anders als bei den Blauwalen stehen wir auf, legen uns auf den Bug und schauen uns die Tiere aus nächster Nähe an. Pedro und Marta amüsierten sich sehr darüber, dass wir uns bei Delfinen auf den Bug legen, aber bei Blauwalen einfach sitzen bleiben. Irgendwann drängt die Zeit dann doch und wir verlassen auch die Delfine.
Nachdem wir wieder im Hafen angekommen sind, unterhalten wir uns noch mit Pedro und Marta. Es geht um die Eigenheiten der einzelnen Arten, den Schutz der Wale und ähnliches. Es ist ein angenehmes Gespräch. Zum Abschied schenken uns die beiden einen kleinen Flyer, in welchem alle ansässigen Arten abgebildet sind. Die Arten, die wir gesehen haben, wurden für uns angekreuzt: Blauwal, gemeiner Delfin und großer Tümmler. Auch die Vögel, die wir gesehen haben, sind markiert, ich kenne allerdings den deutschen Namen nicht. Auf dem Heftchen steht „Cory’s Shearwater“.
Langsam verabschieden wir uns, allerdings kommen wir nur sehr langsam los, weil dann jedem doch noch eine kleine Frage einfällt, die Pedro zum Teil sehr ausführlich beantwortet. Irgendwann laufen wir dann doch los, immer noch beeindruckt von unseren Walerlebnissen.
KUS-Ticker
Freitag, 14.03.2025
- Whale-Watching (Blauwale, gemeine Delfine, große Tümmler) oder Wanderung auf den Pico