Ankommen
Datum: 12.11.2025
Mittagsposition: 28°27,9‘N; 016°14,7’E
Wetter: Lufttemperatur: 25 °C, Wassertemperatur: 23,5 °C, Windrichtung und Stärke: S 1-2
Es ist Mittwoch, der 12.11.2025, 14:00 Uhr. Ich sitze in irgendeinem Wartezimmer in Santa Cruz de Tenerife, rieche beißendes Desinfektionsmittel, höre Menschen, die sich gedämpft unterhalten und sehe kahle Wände. Das kann schon einige Stunden dauern, hieß es.Also nehme ich mir die Zeit, die erste Etappe Revue passieren zu lassen.
Genau einen Monat ist es jetzt her, dass wir in Kiel ausgelaufen sind. Ich kann mich noch sehr gut an die aufgeregte und emotionale Atmosphäre erinnern, an die Redebeiträge, die roten Augen und den Generalalarm. Kurz nach dem Auslaufen: Das erste Treffen in der eigenen Wache. Und dann die erste Nacht von Sonntag auf Montag: So richtig habe ich kein Auge zu bekommen. Am nächsten Tag zum ersten Mal in Ölzeug zum „Signal K“. Nach einer kurzen Besprechung folgt der schallende Befehl: „Hievt den Anker!“, und plötzlich sind wir in der Schleuse. Vor und hinter uns riesige Frachtschiffe, alles muss schnell gehen. Zusammen mit dem Steuermann steige ich ab, und laufe zu einem kleinen, warmen Büro; wir brauchen einen Lotsen und müssen diesen bezahlen. Dieser erwartet uns schon an Bord und wir können in den Kanal einfahren. Nur mit einem halben Ohr höre ich mir nachmittags die Vorträge über den Belegplan, Segeltheorie und das Reinschiffsystem an. Und plötzlich ist es früher Abend, und uns steht die zweite Schleusendurchfahrt bevor. Vor uns liegt die tiefschwarze Elbe bei Nacht, gespickt mit hellen Lichtern von Tonnen, Ankerplätzen, und Positionslaternen.
Einige Tage später fahren wir auf die Nordsee – viele Tage lang um die Thor herum nur Wasser. Langsam kann ich mich auf dem Schiff gut orientieren und kenne die Abläufe. Im nautischen Unterricht besprechen wir spannende (und auch weniger spannende) Themen, wir lernen die Wachaufgaben besser kennen und alle zwei Wochen haben wir Backschaft. Für mich vergeht die Zeit bis Brest wie im Flug. Der Landgang dort fühlt sich für mich dann ein bisschen wie eine Pause an. Stressig ist nur die Referatsvorbereitung.
Nach Brest wird es wärmer und angenehmer. Wenige Tage später segeln wir durch die Biscaya mit Kurs Süden, nach drei Tagen wieder „Land in Sicht“. Vor der Küste der portugiesischen Stadt Lagos fällt der Anker ein weiteres Mal, wir nehmen einen Maschinistenwechsel vor und genießen den wunderschönen Sonnenuntergang. An Land dürfen wir Schüler/-innen jedoch nicht, wir müssen zügig weiter, entlang der Küste von Marokko mit Kurs auf die Kanaren. „Teide auf Steuerbord!“ schallt es ein paar Tage später beim Abendessen den Messeniedergang hinunter. Der erste Blick auf die Insel war überwältigend, ebenso der Blick auf den Hafen und die Stadt Santa Cruz am nächsten Morgen. Inzwischen haben sich endgültig Routinen in den täglichen Abläufen entwickelt. Die ersten Backschaften werden nur von Schülern übernommen, Hafenwache wird ohne Erwachsene gegangen, Schiffsarbeiten dürfen zum Teil eigenverantwortlich durchgeführt werden.
Rückblickend gesehen ist in dieser ersten Etappe so unglaublich viel passiert. Heute vor genau einem Monat stand ich noch kein einziges Mal am Ruder, hatte keine Ahnung von der stündlichen Kontrolle der Maschine, und wusste noch nicht einmal, was das Wort „Belegplan“ meint. Ich konnte mir noch nie den wunderschönen Sternenhimmel auf dem Meer anschauen, hatte noch nie Delfine in der freien Wildbahn gesehen und stand noch nie in Gummistiefeln voller Salzwasser. Und ganz, ganz langsam beschleicht mich das wohlige Gefühl, in meinem neuen Zuhause wirklich angekommen zu sein.
P.S.: Mir geht es gut, ich war nur für eine Kontrolle beim Arzt.
KUS-Ticker
Mittwoch, 12.11.2025
- 10:00 Uhr: Referat „Humboldt – der zweite Entdecker Amerikas“ von Moritz
- 12:30 Uhr: „Signal K“ zum Verholen (Ändern der Position des Schiffes im Hafen)
- 15:00 Uhr: Schiffsarbeiten
- 17:00-22:00 Uhr: Landgang
