April, April
„Guten Morgen Ronja, es ist 01:50 Uhr und wir fahren gleich eine Halse, du musst dich bitte schnell anziehen, um uns zu helfen.“ So wurde ich heute Nacht geweckt, ich rieb mir den Schlaf aus den Augen, zog mich so schnell ich konnte an und stürmte aufs Achterdeck, auch andere KUSis standen schon dort, ein verschlafener Johannes, ein Joschi, der gerade im Begriff war, sein Ölzeug anzuziehen, Mika, der sich gerade noch Schlaf aus den Augen rieb und Lucian, der, um schneller zu sein, nur seine Schuhe angezogen hatte und in Boxershorts rumstand. Wir alle waren bereit, aber anstatt uns auf unsere Stationen zuzuweisen, lachte die Fahrwache, als sie uns müden Haufen sah und rief im Chor „April-April“. Uns standen allen die Münder offen, stimmt ja, es war der erste April und deshalb wurden wir zum Spaß aus den verschiedensten Gründen geweckt – Böen-Alarm, fehlende Wachpläne, eine Halse oder ein nächtlicher Sonnenaufgang: Alles nur erfunden, um uns aus dem Bett zu bekommen. Einige murrten, einige schmunzelten, aber am Ende gingen wir alle so schnell wie möglich wieder ins Bett.
Am Morgen wurde ich dann wieder geweckt, dieses Mal richtig, da ich Unterricht hatte. Noch müde stieg ich aus dem Bett und zog mich an. Ich öffnete die Tür und verzog das Gesicht, irgendjemand hat heute wohl großzügig Zahnpasta auf unserer Türklinke verteilt. Ich holte mir beim Frühstück ein Müsli und setzte mich auf das Achterdeck. Dort ging die Fahrwache ihren Aufgaben nach. Wachführer Alexander, der nicht nur am ersten April gerne Späße macht, saß auf der Backskiste und begrüßte mich auffällig überschwänglich, mit einem Grinsen, das mich stutzen ließ. Da nichts passierte setzte ich mich trotzdem dazu und genoss meinen Obstsalat. Als nächstes kam Oli mit einem Tee in der Hand, den er, wie die letzten Tage auch, für Alexander mitgebracht hatte. Er nahm ihn entgegen und wollte den Tasseninhalt gerade kommentarlos über Bord kippen, als Oli sich empört beschwerte. Um zu beweisen, dass kein Salz im Tee war, nahm er selbst einen Schluck davon. Der Tee blieb trotzdem unangerührt, selbst nachdem unser Kapitän einen Schluck getrunken hatte.
Als ich nach dem Frühstück mit meiner Zahnbürste in den Sanitärbereich kam, klopften gerade ein paar Leute, die darauf warteten, dass die Toiletten frei werden, gegen die backbord-achtere Klotür: „Hey, jetzt beeil dich doch mal, wir müssen auch noch auf die Toilette!“ Ein anderer meinte: „Vielleicht ist das ein Aprilscherz und da ist gar keiner drin.“ Doch nachdem sie unter dem Türschlitz ein paar Gummistiefel entdeckt hatten, waren sie sehr verunsichert und warteten wieder darauf, dass die Person endlich fertig werden würde. Nach ein paar weiteren Minuten wurde es ihnen zu blöd und sie schlossen prophylaktisch die Klotür auf, hinter der tatsächlich nur ein paar Gummistiefel standen.
Dann musste ich zum Unterricht. Kurz vor dem Mittagessen kam Quentin in die Messe, ging zum Messekühlschrank, nahm nacheinander eine Mayo nach der anderen heraus und schüttelte sie. Er hatte Proviantpraktikum und Oli hatte ihm erzählt, dass sich wegen der Schiffsbewegung das Öl absetzt und deshalb schüttelte Quentin seit einer halben Stunde sämtliche Mayogläser der Thor.
Nach dem Mittagessen startete Großreinschiff. Meine Wache hatte den Sanitärbereich, wir besprachen, wer was putzen sollte, und holten die Putzutensilien. Wie üblich entbrannte vor der Putzecke, in der wir unsere Lappen und Eimer lagern, der übliche Kampf um die raren Dinge. Doch die Eimer waren verschwunden und wurden nach kurzem Suchen auf dem Zwischenboden wiederentdeckt. Nachdem wir das erbeutet hatten, was wir brauchten, konnten wir starten. Ich war gerade dabei, die Wand in der Backborddusche zu schrubben, als mich ein Spritzer Wasser im Gesicht traf, Alexander stand quietschvergnügt in der Tür mit einer Spritzpistole in Walform in der Hand und schoss Leute ab. Nachdem die erste Dusche sauber war, öffnete ich die Steuerborddusche und wurde klatschnass; irgendjemand hatte eine Schnur von der Tür zum Duschhahn gespannt und wenn man die Tür öffnete, ging das Wasser an und man wurde geduscht.
Anschließend war die „Lost-&-Found-Versteigerung“, Xaver und Urs hatten viel zu tun, allein für einzelne Socken wurden an die 40 Euro eingenommen. Heute war auch ein besonders figurbetontes Kleid dabei, das Xaver sogar zum Präsentieren anzog. Es ging für sechs Euro an Johannes. Zum Kaffee und Kuchen gab es Beeren mit einer Quarkcreme, die echt gut schmeckte und trotzdem haben ein paar Menschen das Gesicht verzogen, da sie beispielsweise in Rote Beete, Rosmarin, Ingwer, einen Pilz oder Knoblauch bissen.
Der Tag endete mit einem gemütlichen Filmeabend, der ganz ohne Streiche verlief und den ereignisreichen Tag sehr schön abrundete.
KUS-Ticker
Samstag, 01. April 2023
Mittagsposition: 42°01,1’N; 021°53,7’W
Etmal: 136,4 sm
Wetter: größtenteils bewölkt, zwischendurch Nieselregen und Nebel; Temperatur: Luft 15°C, Wasser 15°C; Wind: SW 2-3
- 08:15 Uhr Unterricht
- 13:30 Uhr Großreinschiff
- 16:00 Uhr Besanschot-An
- 20:00 Uhr Filmeabend
Sonntag, 02. April 2023
Mittagsposition: 44°11,8’N; 020°04,5’W
Etmal: 155,6 sm
Wetter: größtenteils stark bewölkt und Nebel; Temperatur: Luft 15°C, Wasser 13°C; Wind: SW 5-6
- 14:00 Uhr Referat über „Radar, Sonar und Lidar“ von Finn
- 15:50 Uhr Kurzfilm über die Peking
- 17:30 Uhr Halse