Getragen vom Wind

Datum: 26.10.2024
Mittagsposition: 42°33’N; 010°03,4’W
Etmal: 89 sm
Lufttemperatur: 15° C, Wassertemperatur: 17,5° C

Seitdem wir in Kiel ausgelaufen sind, schlafen wir mit dem Tuckern der Olga (unsere geliebte Maschine) ein und stehen mit dem Tuckern auch wieder auf.
Genauso war es am Freitag auch. Den ganzen Tag lang fuhren wir mit Maschine Richtung Lissabon und am Abend lief die Maschine weiterhin. Der Freitag war geprägt von großen Wellen, die über das Deck rollten. Insbesondere die Backschaft hatte es nicht leicht, da alles durch die Gegend geworfen wurde von dem starken Wellengang.

Schon seit Tagen warten wir auf den Moment, in dem der Wind aus der richtigen Richtung kommt, damit wir dann Olga etwas Ruhe gönnen können. Am Samstag war es dann endlich soweit: Um 10.52 Uhr kam das Kommando von unserem Kapitän Joachim: „Motor aus!“ Ich hatte in dem Moment Wache und stand daneben, als Madeleine den Hebel der Maschine nach unten drückte und somit die Maschine ausschaltete. Dann war Stille. Alle haben die Ruhe genossen – und dann Jubel. Man gewöhnt sich zwar an die Maschine, aber sie ist doch sehr laut. In dem Augenblick gab es einfach nur das Meer mit dem Rauschen der Wellen, das leise Pfeifen des Windes in den Segeln und wir. Kurz darauf kamen mehrere Leute aus der Messe an Deck, um den Moment genauso zu genießen. Das erste Mal nur unter Segel zu fahren, das ist schon etwas Besonderes.

Lange Zeit blieb aber nicht, um den Moment zu genießen, denn Großreinschiff stand an. Bei Großreinschiff wird alles, wirklich alles, geputzt und geschrubbt. In den Kammern wird alles organisiert, Regale werden ausgeräumt und ausgewischt, an Deck wird alles aus Messing und Kupfer, wie unter anderen der Kompass und die Türklinken, mit Zahnbürsten poliert und die Böden werden geschrubbt, bis alles auf dem Schiff glänzt und gut riecht. Anschießend kommt der Schiffsrat – der sich aus vier Schülern und vier Erwachsenen zusammensetzt. Dieser geht dann durch alle Kammern und sucht nach übriggebliebenen Staubkörnern, die nicht mehr da sein sollten und falls eine Kammer nicht gründlich genug geputzt wurde, dann muss diese nochmals nachgereinigt werden.

Generell ist Großreinschiff sehr spaßig. Wenn man durch das Schiff läuft, hat man das Gefühl, man laufe an verschiedenen Welten vorbei. Laute Musik ist erlaubt und sogar erwünscht. An jeder Station läuft eine andere Musik von verschiedenster Art: von deutschen Schlagern bis hin zu Rock- und Techno-Remixes.

Nach Großreinschiff kam die erste große Versteigerung. Die ganze Woche über steht eine „Lost and Found“-Kiste in der Last (unserem Lager- und Werkraum) und man kann jederzeit darauf zugreifen. Am Freitagabend wird sie geschlossen und am Samstag kann man die noch vorhandenen Sachen ersteigern. Es war eine sehr lustige Runde, denn von T-Shirts über Unterhosen und Ladekabel war alles dabei – und es wurde auch fast alles versteigert.

Die Stimmung war anschließend dementsprechend gut und heiter, weil alle sich schon auf das freuten, was danach kam: Besanschot-an. Dabei handelt es sich um eine Tradition der Seefahrer, die weit zurückreicht. Früher, als man in den Hafen eingefahren ist, waren alle Segel geborgen – bis auf den Besan (hinterstes Segel). Sobald der Anker fest war, hat man den Besan dicht geholt und eingepackt. Sobald man diese Tat vollbracht hatte, gab der Kapitän seiner Besatzung ein Glas Rum aus. Als erster bekommt natürlich Neptun ein Glas Rum, damit wir Seefahrer weiterhin gute Winde haben. Auch wir feierten diesen Moment mit einem leckeren Getränk.

Währenddessen sorgte die Musik-Projektgruppe auf dem Achterdeck für entspannte Musik. Es war wunderschön. Alle versammelt an Deck, Kaffee und Kuchen, Musik und ab und zu hat sogar die Sonne rausgeschaut.

Nach Kaffee und Kuchen hatten wir Schüler eine Schüler-Versammlung, bei der wir Anliegen oder Probleme besprechen können und unter uns sind. Anschließend hatten wir noch ein wenig Freizeit, die einige Jugendliche mit Tagebuchschreiben, andere mit Lesen verbrachten. Nach dem Abendessen läutete unser kleines Glöckchen den zweiten Filmabend ein. Alle, die Lust hatten, bis auf die Fahrwache, haben sich in der Messe (quasi unserem Wohn- und Esszimmer) getroffen, um den Film auszusuchen. Am Ende lief „Knives out – Mord ist Familiensache“, Chips und Erdnüsse wurden geliefert und dann konnte es losgehen.

Die Tage waren – wie immer auf der Thor – sehr voll und aufregend, doch am Samstagabend war es ruhiger und stiller. Man schlief nicht unter dem Röhren der Maschine ein, sondern wurde sanft geschaukelt und hörte nur das Knarzen der Masten.

KUS-Ticker

Freitag, 25.10.2024

  • 15:30-17:00 Uhr: Treffen in den Projekten
  • 17:10 Uhr: Referat über GPS, gehalten von Philipp

Samstag, 26.10.2024

  • 13:00 Uhr-15:00 Uhr: Reinschiff
  • 15:30 Uhr: Besanschot-an mit Kaffee und Kuchen
  • 16:30-17:30 Uhr: Schülerversammlung
  • 20:15 Uhr: gemeinsamer Kinoabend