Von der Koje bis zur Wachübergabe

Datum: 06.03.2025
Mittagsposition: 37°18,4‘N; 042°06,4‘W  
Etmal: 151 sm
Lufttemperatur: 16,6 °C, Wassertemperatur: 17,8 °C, Windrichtung und Stärke: NW5

Die Fahrwache: Jeden zweiten Tag, zwei mal drei Stunden lang kümmern sich die verschiedenen Wachen um den Segelbetrieb an Bord (Jeden zweiten, weil wir natürlich auch den Unterricht hier auf der Thor noch irgendwie unterkriegen müssen). Das ist eine unser wichtigsten, sowie eine dauerhafte Aufgabe und hat auch schon in vielen unserer Blogeinträge eine Rolle gespielt. Genau deshalb soll es sich heute mal um einen anderen wichtigen Zeitraum handeln: Den Weg von der eigenen Koje, bis zur sogenannten Wachübergabe, dem Start unserer Wachen.

Station 1: Die Koje
Die eigene Koje ist der einzige Raum, der wirklich nur einem allein zusteht. Gerne wird die Koje für Tätigkeiten wie Musikhören, Lesen und natürlich auch Schlafen genutzt. Dieser Schlaf wird leider, bekanntermaßen, durch unsere Nachtwachen unterbrochen. Also schauen wir uns mal an, was an der ersten Station auf unserer Reise zur Wachübergabe stattfindet:
„Guten Morgen, Justus! Du hast gleich Wache!“. Genau diesen Satz, oder auch leicht andere Variationen, habe ich mittlerweile schon mindestens 100-mal gehört. Ich schaue auf die Uhr, einer der wichtigsten täglichen Begleiter auf unserem Schiff, denn hier ist die Zeit sehr wichtig. Man hat wenig davon, aber man braucht viel. Deswegen ist alles geplant, und somit auch die Uhr unerlässlich, um nichts zu verpassen. Es ist kurz nach halb fünf, also habe ich gute zwanzig Minuten Zeit, um mich fertigzumachen und den Weg aufs Achterdeck, welcher natürlich nicht sonderlich lang ist, zu beschreiten.
Den Fehler, mich nochmal umzudrehen und die Augen zu schließen, mache ich nicht mehr, denn es passiert doch immer wieder, dass man bei der Wachübergabe steht und plötzlich merkt, dass nicht alle da sind. Diese Leute erscheinen dann, nachdem sie nochmal geweckt wurden, meist halb noch im Schlafanzug und halb schon im Ölzeug, unserer wasserdichten Seglerausrüstung, bestehend aus Hose und Jacke. Also mache ich schnell mein Kojenlicht an, um nicht wieder einzuschlafen und bleibe noch drei Minuten so liegen, bevor ich meine Beine aus dem Bett schwinge und auf den Boden springe.

Station 2: Die Kammer
Springen ist dabei kein Scherz, denn die Betten auf der Thor sind Stockbetten – und ich schlafe oben. Das, sowie auch das darauffolgende Anziehen – was, je nachdem wie kalt es ist, unterschiedlich lange ausfällt – gestaltet sich bei mehr Seegang schwieriger, als man vielleicht denken mag und es kann gut mal passieren, dass man gegen das eine oder andere Bett kracht. Weil es auf unserer Reise große Temperaturunterschiede gibt und gab, haben wir alle in Zwiebelschichten gepackt und somit kann es einige Zeit in Anspruch nehmen erst Skiunterwäsche, dann eine Schicht Klamotten, mindestens zwei Paar Socken, und gerne auch noch einen weiteren Pulli anzuziehen. Und wenn dann auch noch das letzte Groß-Reinschiff (immer samstags, große Putzaktion mit Aufräumen der Kammer) mehr als ein paar Tage zurückliegt und die Fächer wieder dem Chaos verfallen sind, muss man erst einmal eine Weile wühlen, bevor man die Jogging-Hose oder die dicken, von Oma gestrickten Socken findet (Danke Omi!). Ist man dann fertig angezogen und ausgerüstet, kann es losgehen in Richtung der nächsten Station.

Optional: Der Sanitär-Bereich
Wer vor der Wache nochmal aufs Klo gehen oder sich je nach Wachzeit die Zähne putzen möchte (was um 05:00 oder 07:00 Uhr Sinn macht, um 02:00 Uhr aber eher weniger), klettert den Deckshausniedergang empor und sucht je nach Ziel die Toilette oder die Dusche, wo wir meistens auch unsere Zähne putzen, weil hier mehr Platz ist, auf. Hier sieht man meistens auch die ersten anderen verschlafenen Gesichter von Leuten, die denselben Plan verfolgen wie man selbst. Im Fall der Toiletten kann das bei vollen Wachen (Das bedeutet: alle fahren Wache, zum Beispiel am Sonntag, an dem niemand Unterricht hat), wenn zehn Leute sich gleichzeitig auf drei Klos verteilen wollen, schnell zu Stau führen. Und im Fall der Duschen wird das Zähneputzen auch mal auf den Gang ausgeweitet. Ich mache mich wieder auf den Weg nach unten, aber natürlich nicht, bevor ich nochmal einen Blick auf meine Uhr werfe: 04:50 Uhr. Jetzt muss es schnell gehen!

Station 3: Kammer à Gang à Weg (Chaos und Zeitstress)
Schnell geht es zurück, den Niedergang hinunter und den Gang entlang zu meinem Haken. Hier ziehe ich meine letzte Schicht, das Ölzeug, an. Durch die im Ärmel extra eingebauten Abdichtungen aus Silikon, die einen zwar trocken halten, aber beim schnellen Anziehen ziemlich nerven können, verliert man wertvolle Sekunden. Jetzt fehlt nur noch der letzte Feinschliff. Ich streife Mütze, Schal sowie einen Gummistiefel und eine Sandale über, denn den zweiten werde ich von Philipp bei der Wachübergabe bekommen. Leider sind sowohl einer meiner Gummistiefel als auch einer meiner Wanderstiefel seit dem letzten Umzug verschollen und unauffindbar. Ich trete wieder auf den Flur hinaus: 04:53 Uhr. Zusammen mit den restlichen Mitgliedern aus Wache 3, zumindest allen, die noch nicht oben sind, klettere ich die beiden steilen Niedergänge Richtung Achterdeck empor, wobei der Seegang und die Strecktaue, die zur Sicherheit gespannt sind und unter denen man sich immer wieder hindurch winden muss – was in voller Ölzeug-Montur gar nicht so einfach ist – nicht gerade hilfreich sind: 04:54 Uhr. Auf dem Achterdeck angekommen, merkt man oft überrascht, dass man auf der falschen Seite steht. Die aufziehende Wache steht backbord (in Fahrtrichtung links) und die abziehende Wache steht steuerbord (in Fahrtrichtung rechts). So geht es auch mir heute Morgen und ich muss noch schnell die Seite wechseln. Jetzt ist es 04:55 Uhr und die Wachübergabe beginnt.

Zusatz: Rückweg
Nach der Wachübergabe wird Sandale gegen Stiefel getauscht und die Wache beginnt. Manchmal vergeht die Wache schnell, manchmal langsam. Es kommt unter anderem darauf an, wie viel man zu tun hat. Läuft die Maschine und muss man somit Maschinenronde gehen? Muss man Segel neu trimmen, setzen oder bergen? Aber es kommt auch darauf, wie die Stimmung ist: Hat man vielleicht viele interessante Gespräche geführt, eine lustige allgemeine Dehnrunde gemacht oder sich einfach im Ausguck den Wind ins Gesicht wehen lassen? Heute ist die Wache vergangen wie im Flug! Nach einer kurzen Nachbesprechung, die entweder auf dem Achterdeck oder dem Hauptdeck stattfindet, geht die ganze Wache zum Frühstück und wird mit warmen Tee/Kaffee, sowie gutem Frühstück inklusive Obstsalat, Brot mit verschiedenen Arten von Belag und Aufstrich (Am Seemanns-Sonntag, der für uns donnerstags und sonntags stattfindet, gibt es auch Schokocreme ;)), versorgt. Nachdem alle satt sind und fertig gegessen haben, machen wir uns auf in Richtung Betten, um nochmal einmal eine Mütze Schlaf zu bekommen und ein wenig Energie zu tanken, denn davon verbraucht man hier auf der Thor Mengen. Trotz des Wissens, dass wir in etwas weniger als zwei Stunden wieder geweckt werden, sind wir alle glücklich und zufrieden, und freuen uns auf den kommenden Tag.

Sicher sind die Informationen, die ich euch anhand dieser kleinen Geschichte gegeben habe, für jede Wache sowie für jede Person unterschiedlich. Ich hoffe trotzdem, dass ich euch in diesem Blog grob darstellen konnte, was vor allem vor, aber auch nach der Wache alles passiert, und natürlich, dass es euch gefallen hat.

KUS-Ticker

Mittwoch, 05.03.2025

Donnerstag, 06.03.2025

Blogbeauftragter Finn:
Warum hast du den Ticker vergessen
Ich verstehe es einfach nicht
Einmal kurz in der Navi gesessen
Und nachgekommen ist man seiner Pflicht

Autor Justus:
Ich habe nichts geschrieben
Und der Ticker ist leer geblieben
Ich habe keinen Gedächtnisschwund
Nein, Nein es gab einen Grund
Es ist nichts passiert an diesen Tagen
Du musst also nicht verzagen