Thor Heyerdahl als ein unabhängiges Dorf?

Datum: Samstag, 07.11.2020
Mittagsposition: 49° 53,3‘ N 003° 13,3‘ W
Etmal: 170 sm
Wetter: Lufttemperatur: 14° C, Wassertemperatur: 14°C, Wind: SE 4

Ich bin ganz oben, so weit es auf der Thor nur geht. Fast 30 Meter über dem Meeresspiegel. Ich packe gerade mit meinem Freund Carlo ein Segel. Doch dann werden wir von einem atemberaubenden Sonnenuntergang unterbrochen. Die Farben, unbeschreiblich, wie ein Regenbogen über den ganzen Himmel. Die Sonne, wie sie sich im Wasser spiegelt und der Wind, der meinem Freund und mir durch die Haare weht. Einfach so frei zu sein und das jeden Tag haben zu können, wäre genial. Da ist mir dann auch das Thema für diesen Blog gekommen. Könnten wir wie ein eigenes Dorf leben? Wie schaut es mit der Grundversorgung aus? Haben wir hier auch ein kleines Wirtschaftssystem?

Fangen wir zunächst bei der Grundversorgung an. Wir alle brauchen es zum Leben: Wasser. Dieses können wir uns auf der Thor selbst herstellen. Hierfür haben wir eine Osmose-Anlage, die pro Tag 2000 Liter Salz- in Süßwasser verwandeln kann. Dadurch haben wir die Möglichkeit, auch lange Zeiträume zu überleben, ohne direkt wieder einen Hafen anlaufen zu müssen. Zu den Grundbedürfnissen der Menschen zählt aber auch ein gutes soziales Umfeld. Dadurch, dass wir alle irgendwo Schwächen haben, hilft jeder jedem so gut er kann. Wir sitzen ja schließlich alle im selben Boot. Auch eine Art von Politik findet bei uns statt. Jede Wache hat eine Vertrauensperson auserkoren. Diese sitzt im Schiffsrat. Damit hat sie das Recht, mit ihren Kolleginnen und Kollegen bei schwerwiegenden Verstößen mitzubestimmen, wie nun weiter vorgegangen werden soll. Der Schiffsrat unterhält sich aber auch einfach nur über die Regeln, die es hier an Bord gibt und ob diese noch sinnvoll sind. Selbst, was die Wirtschaft betrifft, hat die Thor einiges zu bieten. Wir haben zwar keine eigene Gelddruckmaschine, jedoch eine eigene Bank und sogar eine eigene Währung. Schokolade 🙂

Doch auf der anderen Seite gibt es auch viele Dinge, die dagegensprechen, dass die Thor ein unabhängiges Dorf ist. Wir können zwar unser eigenes Wasser produzieren, jedoch brauchen wir hierfür viel Strom und uns ist es nur möglich, diesen mit Hilfe eines Generators zu produzieren. Da dieser Diesel verbraucht, ist unsere Zeit auf See nun doch begrenzt. Auch können wir unser eigenes Essen nicht selbst herstellen, da wir einfach keinen Platz für Ackerfläche haben. Daher ist unsere geliebte Thor Heyerdahl wohl eher wie ein Haushalt mit 50 Personen, der einmal von den Kanaren über die Kap Verde bis zu den Azoren fährt. Das hat aber auch seine Vorteile! Das fängt bei der Konzentration auf das Wesentliche an. Zuhause verbringt man viel Zeit mit seinem Smartphone oder Laptop. Während der Nutzung dieser Geräte wird man oft auch mit vielen Nichtigkeiten aufgehalten, wie zum Beispiel Werbung oder irrelevanten Neuigkeiten. Solche Dinge bewirken, dass man sich nur schwer auf die wichtigen Dinge konzentrieren kann. Deswegen ist hier auf der Thor die Nutzung solcher Geräte eingeschränkt. Unsere Handys werden uns nur bei Landaufenthalten, zur Kontaktaufnahme mit unserer Familie und Freunden gegeben. Hingegen ist es für uns möglich, die Laptops immer zu nutzen, da wir sie für verschiedene Arbeiten brauchen, wie zum Beispiel zum Schreiben meines Blogs.

In der Zeit, in der wir uns auf das Wesentliche konzentrieren, können wir z.B. lernen, uns selbst besser kennenlernen oder auch einfach nach einem anstrengenden Tag müde ins Bett fallen und ausreichend schlafen. Als einen weiteren großen Vorteil würde ich betrachten, dass es hier immer etwas zu tun gibt. Jeder hilft überall mit, so gut er kann. Entweder hat man Unterricht, putzt das Schiff, hilft Simon, unserem Bootsmann bei handwerklichen Aufgaben, kann in der Küche beim Abspülen unterstützen, isst oder schläft. Jeden Tag den Sonnenuntergang von ganz weit oben betrachten zu können, bleibt dann wohl eher ein Traum, aber ich werde jeden in vollen Zügen genießen.

KUS-Ticker

06.11.2020

  • 7:30-10:00 Uhr Frühstück
  • 10:00 Uhr Steilküste von Dover in Sicht
  • 13:15 Uhr Vortrag über Piraterie in der Nord und Ostsee von Keana

07.11.2020

  • 11:00 Uhr Delfine begleiten uns rund 10 Minuten lang
  • 13:30 – 15:30 Großreinschiff
  • 15:15 Schiffsratstreffen
  • 15:30 Lost & Found Versteigerung
  • 16:00 Besanschotan
  • 16:30 Schülerversammlung
  • 20:00 Uhr Filmeabend, Film Men in Black