Astronomische Navigation mit den Sternen

„Achtuuuung – Null“, erschallt der Ruf unseres Kapitäns Deflef. Wir standen in der Dämmerung auf dem Achterdeck und schossen Sterne. Zwei hatten die für unseren gekoppelten (mithilfe des letzten bekannten Ortes, unserer Geschwindigkeit und unserem Kurs geschätzten) Ort vorausberechneten Werte angesagt, also die Peilung (Richtung am Kompass) des Sternes und wie hoch er über dem Horizont stand. Dann hatten wir im Fernrohr unserer Sextanten (nautischen Winkelmessgeräten) den entsprechenden Stern gesucht und sobald wir ihn alle im Sextanten sehen konnten – „Achtuuuung – Null“ – schrieben wir die exakte UTC-Zeit und die drei verschiedenen Winkel unserer Sextanten auf. Das klappte an diesem Abend aber nicht ganz so gut: Es war größtenteils bewölkt und es dauerte ewig, bis wir den ersten Stern, Sirius, für kurze Zeit zwischen den Wolken ausmachen und schießen konnten. Insgesamt hielt sich unser Erfolg in Grenzen, aber mit letztendlich immerhin zwei Sternen ließ sich bereits ein Sternort bestimmen und dafür, dass es unser erster Versuch eines solchen war, war das auch durchaus zufriedenstellend.

Vorher, also in Astronavi Teil 1 auf der Etappe von den Kanaren zu den Kap Verden, hatten wir bereits die Ortsbestimmung mithilfe der Sonne gelernt, also die Mittagsbreite, wie sie Kolumbus schon kannte, und ein im Vergleich dazu recht neues Verfahren, das der Sonnenstandlinien. Man berechnet für einen ungefähren Standort, in welchem Abstand zum Horizont sich die Sonne befindet und vergleicht das mit dem, was man vom Sextanten abließt und weiß so, um wie viel man der Sonne näher bzw. ferner war. Auf der Karte eingezeichnet entsteht so eine Linie, auf der man sich irgendwo zum Zeitpunkt des Sonneschießens befand. Macht man das über den Tag verteilt mindestens zweimal, schneiden sich die beiden Linien und man hat seinen Standort.

Selbiger Gedanke steckt auch hinter dem Schießen von Sternen, nur kommen ein paar Schwierigkeiten dazu: Man misst den Winkel zwischen Stern und Horizont; bei Tag sieht man ersteren und bei Nacht letzteren nicht. Es gibt also nur einen sehr kurzen Zeitraum, auch nautische Dämmerung genannt, zu dem die ersten Sterne gerade zu sehen sind und der Horizont noch nicht verschwunden ist. Zum anderen ist es ein Leichtes die Sonne, als nahezu einziges Objekt am Himmel, im Sextanten zu finden, aber einen Stern, den man manchmal noch nicht einmal mit bloßem Auge ausmachen kann?

Nun, zurück zu unserer Messung: Diesmal versammelte sich die Astronavigruppe in der Messe und nach einigen Berechnungen (Detlef meinte, mit Übung dauere das gute 10 Minuten; wir brauchten eine halbe Ewigkeit) ergab sich ein Ort, der trotz nur zweier Standlinien gerade einmal 2,8 Seemeilen, also 5 km, neben dem GPS-Ort war. Es hatte sich also bewährt, mit drei Sextanten gleichzeitig zu messen und dann das arithmetische Mittel der Ergebnisse zu nehmen. Und laut unserem Kapitän wäre alles unter fünf Seemeilen daneben „absolut super“. Aber dennoch, nachdem wir mit zwei Standlinien nur einen Schnittpunkt hatten, hätten wir ohne GPS keinerlei Information darüber, wie genau unsere Position gewesen wäre. Und während der zweiten Schiffsübergabe gibt es kein GPS mehr. Am folgenden Abend war nahezu wolkenloser Himmel und wir schafften es, ganze vier Sterne zu schießen – was sich auch bewährt hatte: Dadurch, dass die Standlinien selten durch genau einen Punkt laufen, hat man auch ohne den technischen Ort eine Ahnung davon, wie genau die astronomische Position ist – und wenn drei Linien sich in nahezu einem Ort treffen und eine weit daneben ist, kann man eine Messung auch problemlos ignorieren.

Und so ging es dann für uns Astronavigatoren auch täglich weiter: Position koppeln, Sonnenuntergang vorausberechnen, Sterne schießen, die Position berechnen und wenn noch Zeit war, Sonnenstandlinien wiederholen – damit die Positionen in der bevorstehenden Schiffsübergabe auch wirklich „absolut super“ sind.

KUS-Ticker

Mittwoch, 10.02.2021

Mittagsposition: 021° 50,1‘ N; 030° 43,6‘ W
Etmal: 129 sm
Wetter: Lufttemperatur: 23°C Wassertemperatur: 23°

  • Wachbetrieb für Unterrichtsgruppe A
  • 08:30 Unterrichtsbeginn für Unterrichtsgruppe B
  • Maschinisten Praktikanten: Fred und Peer
  • Proviant Praktikantin: Meli
  • Bootsmanns Praktikant/innen: Eva und Joshua
  • 06:30 Sterneschießen auf dem Achterdeck
  • 17:40 Melis Vortrag über das „Große Wetter“
  • 19:00 Sterneschießen

Donnerstag, 11.02.2021

Mittagsposition: 23°26,7’N 032°04,0‘ W
Etmal: 122.3sm
Wetter: Lufttemperatur: 22.5°C Wassertemperatur: 23.5°C

  • Wachbetrieb für Unterrichtsgruppe B
  • 08:30 Unterrichtsbeginn für Unterrichtsgruppe A
  • Maschinisten Praktikanten: Kailun und Hanno
  • Proviant Praktikantin: Caro
  • Bootsmanns Praktikanten: Leon und Jonas
  • 00:00 – 24:00 Geburtstag von Jannik
  • 10:00 Erste Erfolge beim Angeln: Fang von Goldmakrelen
  • 19:00 Sterneschießen