Olga, Retterin in der Not

Am Montag war ein wunderschöner Tag, die Sonne schien die ganze Zeit, sodass ich die Wache im T-Shirt gehen konnte und nur die wenigsten spürten noch die Seekrankheit. Unser einziges Problem war, dass der Wind einfach nicht aus der richtigen Richtung kommt und wir sowieso schon weit hinter dem Zeitplan liegen. Aber was tun, ohne Wind ist Segeln nun mal schwierig. Müssen wir jetzt etwa schon wieder ankern und auf besseren Wind warten?!

Nein, alles halb so wild, wir haben ja unsere Olga. Olga, das ist unsere Hauptmaschine, ein unkaputtbarer 400 PS Sechszylinder von Deutz. Sie hat schon einiges gesehen, denn sie ist aus dem Jahr 1951. Mit unserer Maschine kommen wir zwar auch nicht gegen starke Stürme an, aber leichter Gegenwind ist kein Problem. Damit unser Motor immer so unkaputtbar bleibt, bedarf es regelmäßiger Pflege. An Bord wird das in der Maschinenronde von der diensthabenden Wache erledigt. Dafür geht immer zur halben Stunde jemand von uns in den Maschinenraum, welcher sich im Achterschiff unter dem Maschinenhaus befindet.

Bevor es richtig losgeht, muss ich mir mindestens die Jacke ausziehen, da diese das Öl nicht so gut verträgt und es im Maschinenraum so warm ist, dass ich mich sonst zu Tode schwitze. Nachdem ich leise das Schott aufgemacht habe, damit Willi, unser Maschinist, nicht wach wird, schlägt mir sofort ölig-warme Luft entgegen und ich greife nach oben, um mir Ohrenschützer anzuziehen. Danach geht es rückwärts die steile Treppe zu Olga hinunter, sobald ich unten bin, ist links von mir der Motorblock, auf dem die Kipphebel der Ventile hoch und runter springen und auf der rechten Seite Willis Werkbank. Von dort nehme ich mir zwei Schreibbretter mit jeweils einem laminierten Blatt Papier. Mit dem ersten gehe ich einmal um den Motor herum und trage verschiedene Kontrollwerte ein. Danach nehme ich mir noch das zweite, auf dem ich eine Liste an Aufgaben sehe, die ich der Reihe nach befolge, wie z.B. die Kipphebel ölen oder die Zylinderköpfe von schwimmendem Öl befreien. Jetzt geht es endlich wieder an die frische Luft, denn auch wenn ich wirklich gerne Maschinenronde mache, da mich alte Motoren faszinieren (am Samstag darf ich darüber auch einen Vortrag halten), wird es nach einer halben Stunde bis 45 Minuten wirklich heiß und die Ohren dröhnen. Nach der Maschinenronde muss ich wieder an Deck und melde mich bei dem Wachführer oder der Wachprinzessin, das ist die Person, die anstatt des Wachführers die Aufgaben koordiniert, wieder an. Diese sagt mir, ob ich frei habe oder eine andere Position übernehmen soll, denn es gibt außer der Maschinenronde selbstverständlich noch weitere Aufgaben.

Dazu zählen zwei Personen, welche im Ausguck stehen, was ich eigentlich gerne mache, da es etwas Meditatives hat, in die Weite des Ozeans zu blicken, andererseits kann es, wenn gar nichts zu sehen ist, auch mal langweilig werden. Die zweite Position, die auf See logischerweise dauerhaft besetzt sein muss, ist das Ruder. Diese Aufgabe mag ich eher weniger gerne, da man fast nichts um sich herum mitkriegt und nur auf den Kompass starrt. Allerdings ist es aber auch ein cooles Gefühl, das „Schiff in der Hand zu haben“. Diese Positionen werden planmäßig alle halbe Stunde ausgewechselt. Zusätzlich gibt es noch weitere stündliche Aufgaben. Zwei zur halben Stunde: Zuerst einmal die Sicherheitsronde, bei der man durch das ganze Schiff geht und überprüft, ob alles in Ordnung ist. Das heißt: Tritt irgendwo Wasser ein? Ist alles seefest verstaut? Brennt es? Und vieles mehr. Die Sicherheitsronde ist für mich relativ neutral, bei schlechtem Wetter ist es schön, auch mal unter Deck zu kommen, aber ansonsten macht es weder Spaß, noch ist es nervig. Nummer zwei ist die Maschinenronde, welche logischerweise nur bei laufender Maschine zu erledigen ist und ich schon beschrieben habe. Bei schlechtem Wetter ist die Maschinenronde der Hauptgewinn, da es im Maschinenraum warm und trocken ist. Die beiden anderen stündlichen Aufgaben werden im Gegensatz zu Maschinenronde und Sicherheitsronde immer zur vollen Stunde erledigt und zwar meistens von derselben Person. Dabei werden im Wesentlichen die Wetterdaten in das Wetterbuch und die Position in die Seekarte eingetragen.

An sich mag ich es, Wache zu haben, solange sich die „Überstunden“ durch Extramanöver in Grenzen halten.

KUS-Ticker

Montag, 07.11.2022

Mittagsposition: 34°45,2’N; 006°52,2’W
Etmal: 151 sm
Wetter: Klar; Temperatur: Luft 18°C, Wasser 16°C; Wind: SW 5

  • 08:00 Uhr Delfinsichtung
  • 19:30 Uhr Einlaufen in Celeiro

Dienstag, 08.11.2022

Mittagsposition: 43°40,9’N; 007°36,0’W
Etmal: 37 sm
Wetter: Bedeckt, Niesel; Temperatur: Luft 16°C, Wasser 16°C; Wind: SW 3-4

  • 10:00 Uhr Großreinschiff
  • 13:00 Uhr Referat über Delfine
  • 15:00 Uhr Spanischer Besuch an Bord