Wie wir den Sozialismus in Kuba wahrgenommen haben

Stellt euch einmal vor, ihr geht durch den Haupteingang einer Schule, vielleicht ist es sogar eure Schule, und direkt rechts neben dem Eingang ist ein Raum, der allein dazu errichtet wurde, um den Bundespräsidenten zu verehren. Das ist schon eine komische Vorstellung, oder? Aber genau so etwas haben wir hier in Kuba erlebt.

Als wir mit den Fahrrädern an der Federico-Engels-Schule ankamen, wurden wir von mehreren hundert Schülern groß empfangen. Sie klatschten, jubelten, machten Musik und sangen uns die kubanische Nationalhymne vor. Etwas später liefen wir zu dem Versammlungsplatz der Schule, wo uns eine Art militärische Parade vorgeführt wurde. Es standen circa 200 Schüler genau hintereinander und nebeneinander aufgestellt und bewegten sich auf bestimmte Anweisungen hin sehr synchron, fast schon militärisch. Der Empfang hat uns alle einerseits sehr beeindruckt, andererseits war es für uns auch ein bisschen befremdlich. Diese Eindrücke haben uns alle fast die ganze Zeit begleitet – dazu aber später mehr.

Der kubanische Nationalheld, Revolutionär und fast 50 Jahre lang regierende Präsident Fidel Castro wird hier in Kuba sehr verehrt, was auch in der Schule zum Vorschein kam. An vielen Wänden waren große Bilder von ihm abgebildet und wie am Anfang erwähnt, gab es einen Raum zu Ehren von Fidel Castro. Wir wurden selbstbewusst in diesen Raum hineingeführt, wobei wir den Nationalstolz, der hier in Kuba bei vielen präsent ist, stark bemerkt haben.

Schon von klein auf, also sogar schon im Kindergarten, lernen die Kinder, die Nationalhymne zu singen. Sie hat in Kuba eine andere Bedeutung als bei uns in Deutschland. Sobald die Nationalhymne erklingt, stehen alle still und gerade und singen mit. Auch daran haben wir den Nationalstolz der Kubaner bemerken können. Als wir in Havanna ankamen, ist uns der „Plaza de la Revolución“ aufgefallen. Ein riesiger Platz mit einem großen Denkmal von José Martí, an dem inzwischen auch zwei wichtige Revolutionäre, Che Guevara und Camillo Cienfuegos, in Überlebensgröße an zwei Hausfassaden abgebildet sind. Auch hier hat sich in uns wieder das sehr beeindruckende, aber auch etwas befremdliche Gefühl ausgebreitet.

Als ich mit Felix über unsere ganzen Wahrnehmungen geredet habe, meinte er dazu: „Kuba ist ein Land der Gegensätze“. Das haben wir alle bemerkt. Auf der einen Seite gibt es sehr schicke Hotels, in denen wir teilweise untergekommen sind, und sehr große beeindruckende Gebäude, wie zum Beispiel das Capitolio, welches eines der größten Gebäude der Welt ist. Auf der anderen Seite gibt es aber auch mitten in der Altstadt zerfallene Häuser, von denen nur noch überwucherte Wände stehen und bettelnde Menschen, die über einen Müsliriegel sehr glücklich sind. 

Einige von uns machten die Erfahrung, sich in einem nationalen Krankenhaus untersuchen zu lassen. Wir wurden schnell, gut und kompetent versorgt, allerdings war es nach dem Termin oft sehr schwer bis unmöglich, überhaupt die verschriebenen Medikamente zu bekommen. Das war für uns schon ein bisschen erschreckend, da die Ärzte sehr vertrauenswürdig waren. Gleichzeitig sind die Krankenversorgung und auch der Schulunterricht kostenlos für alle – typisch für den Sozialismus. Oft ist es aber auch so, dass die Schüler zwar nichts zahlen müssen, dafür aber auch der Komfort nicht sehr hoch ist und vieles, wie zum Beispiel das Schulgebäude, sehr einfach ist. Als wir durch die Straßen von Havanna gelaufen sind, sind uns noch weitere Dinge aufgefallen. Auf den Straßen betreiben Bürger kleine Pizza- oder Obststände. Diese ist im Rahmen von privater Marktwirtschaft in einem gewissen Umfang erlaubt. 

Ich hatte manchmal das Gefühl, dass wir teilweise nur einen bestimmten Ausschnitt des Ganzen erlebt haben. Wir haben bisher jeden Abend gut und schick gegessen und uns wurden teilweise vier Gänge aufgetischt. Im Nachhinein haben wir manchmal erfahren, dass für uns alle Vorräte im Restaurant aufgebraucht wurden, um uns ein leckeres Abendessen mit eben mehreren Gängen zu ermöglichen. Das hat mich schon ein bisschen erschrocken. Mein Eindruck von Kuba ist, dass auf den ersten Blick die Menschen hier alle sehr freundlich und lebensfroh sind. Oft war ich sehr beeindruckt, was ich schon ein paarmal erwähnt habe. Manchmal habe ich leider auch gesehen, dass es hier doch viele Menschen gibt, die nur sehr wenig haben und in einfachen Verhältnissen leben. Aufgefallen ist mir aber auch, dass niemand überhaupt nichts hat. Kuba ist zwar an manchen Stellen ein armes Land, aber der vertretene Sozialismus sorgt dafür, dass niemand ohne Essen ins Bett geht.