Cueva Santo Tomas
Gespannt warten wir in der Einfahrt unseres Hotels „Campismo dos Hermanas“ darauf, endlich mit unseren Rädern loszufahren. Meine Erwartungen an die Höhle, die wir jetzt besichtigen wollen, sind hoch, da diese sehr gelobt wird – ob im Reiseführer, von den Angestellten des Hotels oder von Ruth. So freue ich mich sehr, als es endlich losgeht. Die gesamte Radtour soll 16 km lang sein, obwohl es mir viel kürzer vorkommt. Immer wieder spreche ich währenddessen mit meinen Begleitern, ob mit Ronja über Hobbys oder mit Ferdinand über die wunderschöne Karstlandschaft, die uns im Viñales-Tal umgibt. Nach einer reichlichen Stunde Fahrt erblicken wir ein Schild mit der Aufschrift „Cueva Santo Tomas“.
Endlich sehen wir zum ersten Mal unser Ziel, oben im Felsen eine Öffnung, durch die wir in die Höhle gelangen werden. Vorher buchen Jona und ich für unsere Gruppe eine Höhlentour bei Maik, rüsten uns mit Helm und Stirnlampe aus und gehen endlich los. Der Aufstieg zum Höhleneingang erfolgt über einen schmalen, steinigen Weg. Immer steiler geht es herauf, bis wir fast klettern müssen und schließlich ankommen. Nun können die Lampen angeschaltet werden, da es in der Höhle keinerlei externe Beleuchtung gibt. Ausgerüstet wie Forscher stehen wir da. Die „Expedition“ (=Touritour) beginnt, was wird uns erwarten, was werden wir sehen?
Wir treten ein. Sofort fühle ich die veränderte Luft in meiner Lunge, es wird feuchter und etwas kühler. Der Eingangsbereich ist leicht oval förmig, in der Mitte befindet sich ein großer Stein. Alle finden hier Platz und Maik erzählt uns, dass es eine der größten Höhlensysteme Lateinamerikas sei. Dieser erste Raum ist durch die große Öffnung im Felsen immer noch gut mit Tageslicht beleuchtet.
Durch eine kleine Öffnung schlüpfen wir gebückt in einem schmalen langen Gang, der uns in einen neuen Raum bringt. Gelegentlich erblicken wir Öffnungen im Felsen, von denen wir einen wunderschönen Ausblick auf die Karstlandschaft haben. Weiter werden wir in einen neuen Bereich gebracht. Dieser ist um ein Vielfaches größer als der vorherige, so groß, dass ein ganzes Haus herein passen würde. Im vorderen Teil befindet sich eine Art Becken, das sich in der Regenzeit mit Wasser füllt und man darin sogar schwimmen gehen kann. Plötzlich fängt Maik an, etwas auf dem Boden zu suchen, bis er es gefunden hat. Erst beim zweiten Anlauf erblicke ich den Babyfrosch, den er uns zeigen möchte. Zu meiner großen Verwunderung zeigt er uns auch noch Wurzeln, die nahezu unendlich weit von außen in die Höhle herein gewachsen sind. Auch zeichnen sich am Rand der Stirnlampenscheines große Stalaktiten ab, die von der Decke herabhängen. Es ist ein unglaublicher Anblick und Maik bleibt wieder stehen und fängt plötzlich an mit der Zunge schnalzen und zeigt uns oben in der Decke ein Spalt, in der mehrere Fledermäuse hängen. Die Tour durch die Höhle geht weiter, immer noch völlig erstaunt über die gesehenen Erlebnisse, kommen wir in einen leicht abgesperrten Bereich des Raumes, in dem uns eine weitere Gesteinsformation begegnet, ein komplett glatter Fels, glänzend und schmierig. Gegenüber erblicke ich einen Felsen an der Wand, der aussieht wie ein Mammut. Dabei sind die Konturen klar zu erkennen, ob der Kopf, der Körper oder die Beine. Hier ist ein mystischer Ort.
Über einen schmalen Spalt am Rande des Raumes gelangen wir in einen neuen, noch größeren hellen Bereich. Oben in der Decke ist ein riesiger Spalt, durch den Tageslicht in die Höhle dringt. Um dieses Loch herum sind viele Pflanzen gewachsen. Es sieht dschungelartig aus, wie in einem Film, der in den Tropen spielt. Über eine schmale Treppe gelangen wir in einen neuen Höhlenabschnitt, als ich auf einmal ein dumpfes, hohles Klopfen höre. Maik schlägt wild auf einen Felsen ein und es hört sich an wie eine Trommel. Er fordert uns auf, ihm nachzueifern und wir probieren verschiedene Rhythmen zu spielen und auch bekannte Lieder nachzumachen. Immer tiefer dringen wir hinein, bis uns das Tageslicht nicht mehr erreicht. Wir schalten unsere Stirnlampen ein, bis wir in diesem riesigen Raum, der groß genug ist, dass vielleicht sogar die komplette Thor herein passen würde, einen Stalagnaten sehen, der riesig ist und einen Durchmesser von bis zu einem Meter hat. Um ein letztes Mal die Höhle zu genießen, schalten wir alle unsere Stirnlampen aus. Es ist dunkel, stockduster. Stillstehend höre ich nur meine Atemzüge, ein großer Gegensatz zu den letzten Tagen, in denen viel passiert ist. Es ist wunderschön zu lauschen. Schließlich atme ich ein letztes Mal tief durch und spüre, wie sich meine Lunge mit der feucht-kühlen Luft füllt, kurz halte ich diese an, bevor ich wieder ausatme. Nun geht es wieder zurück, zwar über denselben Weg, trotzdem sehe ich immer wieder neue Gesteinsformationen, die ich vorher nicht gesehen hatte, bis wir wieder draußen im Freien stehen.
Über den schmalen Pfad gelangen wir wieder ins Tal, wo wir uns nochmals mit einem Gastgeschenk bei Maik für diese wundervolle Führung bedanken. Mit den Rädern fahren wir zurück, kommen aber nicht weit, da Xaver einen Platten hat. Der Schlauch wird gewechselt und nach 15 Minuten fahren wir weiter, bis auch Jona einen Platten hat. Da wir keinen Ersatzschlauch in der richtigen Größe haben, flicken wir das Loch. Weit kommen wir nicht und der Schlauch platzt erneut. Reparieren hat keinen Sinn, da auch der Mantel endgültig hinüber ist. Um zurück zum Hotel zu kommen, setzt Jona sich auf Ronjas Gepäckträger und wir fahren zurück. Dabei schieben Ferdinand und ich abwechselnd Jonas Rad bis wir endlich beim Hotel ankommen. Was für ein Tag!