Nur ein Wort, doch so viele Momente

Eigentlich ist es immer da, manchmal versteckt es sich, irgendwo, ganz klein und man muss es finden, in anderen Momenten überfällt es einen regelrecht, es schleicht sich an und plötzlich ist es da, überall und es lässt alles erstrahlen. Sobald man sich bewusst wird, was es ist, kann man es in vollen Zügen genießen, erkennt man es nicht, so wird man sich später daran zurückerinnern und sich fragen, weshalb.

Ihr fragt euch, was ich meine? Ich werde versuchen, es zu schildern, es ist nur ein Wort und doch begegnet es mir in den letzten Monaten so oft. Es ist da, bei einem Sonnenaufgang, jeder Millimeter, den die Sonne sich über den Horizont schiebt, Stück für Stück, kommt es auch mit, es wächst, bis man in den ersten warmen Strahlen der Sonne steht. So wie die Wärme der Sonne einen erfüllt, erfüllt einen auch das Gefühl.

Abends, wenn der Tag sich dem Ende neigt und auch die Sonne langsam hinter dem blauen Horizont verschwindet, kehrt es zurück, doch es schwindet nicht, es zieht sich nicht wie die Sonne mit jeder Minute, die verstreicht, weiter zurück, sondern es wächst, wie eine Blume wird es erst größer und entfaltet schließlich seine Blüten. Ist die Sonne dann hinter dem Horizont verschwunden, bleibt noch die Blume, in ihrer ganzen Schönheit.

Manchmal hat es sich versteckt, es war die ganze Zeit da und hat einen begleitet, doch du hast es nicht gemerkt. Du entdeckst es erst später, nach einem schönen Abend mit Freunden zum Beispiel, ob man einfach nur beisammengesessen ist und gelacht hat, oder ob es ein lockerer Spieleabend war, gefüllt mit Geschichten jedes Einzelnen, es ist ganz egal. Am Abend, im Bett kurz vor dem Einschlafen, denkt man daran zurück und erkennt, dass es die ganze Zeit da war und den Abend versüßt hat, ohne dass man es merkt. Genau dieser Gedanke lässt einen beruhigt einschlafen.

Der Ausguck, man steht da, oben auf dem Achterdeck und blickt auf den Horizont, die See, die wie ein unendlich weiter Teppich erscheint, manchmal etwas rau, an anderen Tagen spiegelglatt, man steht da und blickt in die Ferne, nichts als blau. Unter einem wird das Hauptdeck immer wieder von Wellen überspült, man kann zusehen, wie das Wasser durch das Speigatt schießt und sich so schnell wie es gekommen ist auch wieder zurückzieht. Man spürt den Wind im Gesicht, in den südlicheren Breiten warm und gleichzeitig erfrischend, je weiter nördlich wir allerdings kommen, desto kühler wird er und färbt die Wangen eines jeden Ausgucks in ein leichtes Rot. Es ist zwar nur eine halbe Stunde; die man da steht und Ausschau hält, jedoch reicht sie aus, um einem mit diesem leichten unbeschwerten Gefühl zu erfüllen.

Unbeschwert fühlt man sich auch, wenn man auf dem Deckshaus liegt, den Blick nach oben gerichtet, man sieht ein Gewirr aus Tampen, welches einem mittlerweile sehr vertraut ist. Das weiße Segel kommt in dem hellblauen Himmel mit vereinzelten kleinen Wölkchen noch mehr zur Geltung, fast wie im Bilderbuch. Man könnte fast Angst haben, seine Augen zu schließen und wieder zu öffnen, falls es ein Traum ist, will man nicht mehr daraus aufwachen. Rundherum befindet sich nur Wasser, man hört das Rauschen der Wellen und wie sie immer wieder gegen das Schanzkleid schlagen. Atmet man tief ein, wird die Lunge mit frischer salziger Luft gefüllt. Mit jedem Atemzug begreift man immer mehr, dass man es fühlt, ob in kleinen oder großen Momenten es ist immer irgendwo, manchmal versteckt oder aber auch sehr präsent.

Das Glück.

KUS-Ticker

Dienstag, 02.03.2021

Position: Horta, Faial, Azoren
Wetter: Lufttemperatur: 17°C; Wassertemperatur: 13,5°C

  • 08:30-18:00: Schiffsarbeiten (Segelnähen; entrosten & streichen der Grundierung; Kisten putzen; Wanten spannen) und Verproviantierung