Terceira – Südosten
Endlich ist es soweit. Nachdem der Unterrichtsblock abgeschlossen ist, steht heute am Freitag eine Tagesexpedition an. Jetzt, wo wir kurzfristig doch auf der Insel Terceira gelandet sind, wollen wir sie auch kennenlernen. Daher war die Idee, dass wir losziehen, die Insel erkunden und abends unsere Ergebnisse präsentieren. Gestern Abend wurden wir in die vier Gruppen mit circa zehn Leuten gelost. Jede davon soll einen Bereich der Insel erforschen, den Nordosten, Südosten, Nordwesten oder Südwesten, und eine Besonderheit daraus mitbringen. Als sich meine Gruppe am Vorabend kurz trifft, kommen wir darin überein, die Bewohnerinnen und Bewohner nach Besonderheiten der Insel zu fragen und nicht unsere Ziele aus Reiseführern herauszusuchen.
Am nächsten Morgen geht es nach dem Frühstück und nach Reinschiff auch schon los. Im Hafen treffen wir die erste Person, die wir nach Besonderheiten in der Umgebung fragen. Beim ersten Versuch bekommen wir erst einmal Empfehlungen für ein paar nette Lokale, nicht gerade das, was wir suchen. Also laufen wir erst einmal weiter zu einer Busstation und nehmen den nächstbesten Bus. Da treffen wir auch eine der anderen Gruppen, die auf dem Weg in ihren Teil der Insel ist.
Eine halbe Stunde später steigen wir in Angra de Heroismo aus und stehen dort zunächst etwas verloren auf einem großen Platz. Praia war recht überschaubar mit wenigen Menschen, hier befinden wir uns auf einmal mitten in einem Stadtgeschehen. Schließlich sprechen wir eine Dame an, die uns prompt zu einer Touristeninformation bringt. Dort erzählt sie uns einiges über die Insel und gibt uns auch Flyer zu verschiedenen Attraktionen. Mit so viel Engagement hatten wir gar nicht gerechnet und sind dementsprechend sehr erfreut. Dann suchen wir erst einmal einen Supermarkt, in dem wir uns Brot und lokalen Käse für ein leckeres Mittagessen kaufen. Bei unseren wenig zielstrebigen Streiftouren durch die Stadt, auf der Suche nach etwas Ortstypischem, kommen wir an einem Schild mit der Aufschrift Mercado duque de braganca vorbei. Neugierig betreten wir den Markt und sehen einige Stände, an denen lokale Erzeugnisse, sowie Handgemachtes verkauft wird. Wir drehen eine Runde und bleiben schließlich an einem Stand stehen. Die Verkäuferin sieht sehr freundlich aus und wir fragen sie nach einer örtlichen Spezialität. Daraufhin bietet sie uns eine selbstgemachte, rote, scharfe Soße an. Außerdem schenkt sie jedem von uns einen Stoffbeutel mit dem Namen des Mercados. Wir sind ganz überrascht von ihrer Großzügigkeit, und wollen ihr im Gegenzug noch etwas Typisches von uns an Bord zeigen. Auf drei singen wir wie immer unbeabsichtigt schief „Wir lagen vor Madagaskar“, unmelodisch, aber voller Inbrunst.
Schließlich setzen wir unseren Weg fort. An einer großen Straße entlang laufen wir aus der Stadt heraus. Dabei müssen wir erst einmal an einer Wiese bei zwei Shetlandponys anhalten und sie streicheln. Dann kommen wir an eine Autobahn und uns wird schnell klar, dass wir hier nicht weiterkommen. Also machen wir uns zu Fuß auf ins nächste Dorf Posto Santo. Die Stimmung ist ein wenig gedämpft. Wir wollen irgendwie in das Zentrum der Insel, dort gibt es Seen, Höhlen und schöne Wälder. Doch bis dahin geht es noch mindestens 14 Kilometer bergauf. Es fährt kein Bus und zu Fuß schaffen wir die Strecke nicht, wenn wir nicht oben übernachten wollen. Doch ich bin optimistisch, dass wir es irgendwie noch rechtzeitig hinbekommen. Ein Pick-Up fährt an uns vorbei und wir beachten ihn erst nicht. Dann rennen wir schnell auf das Fahrzeug zu und fragen die Fahrerin, ob sie uns mitnehmen könne. Da sie uns nicht so recht versteht, läuft sie zunächst in das naheliegende Café und kommt mit einem jungen Herrn heraus, der Englisch spricht. Wir erklären ihm, dass wir gerne zu den Höhlen kommen würden und fragen, ob es da eine Mitfahrgelegenheit gäbe. Daraufhin sagt er, es sei schon möglich uns herauf zu bringen, nur könne er nicht für unsere Rückfahrt garantieren. „No Problem, that‘s fine“, sagen wir und kurz darauf fahren wir auf zwei kleine Kombis verteilt die Straße zu den Höhlen entlang.
Nachdem wir angekommen sind, bedanken wir uns bei den beiden Herren, die uns gefahren haben und blicken uns dann erst einmal um. Wir stehen auf einem Parkplatz vor einem Bungalow, um uns herum wachsen Nadelbäume. In einer halben Stunde beginnen die Höhlenbesichtigungen, perfekte Zeit für Mittagspause. Es gibt unsere Lunchpakete und das Brot mit dem leckeren Käse. Während wir so gemütlich speisen, kommen auch andere Besucherinnen und Besucher an, die wohl so klug waren, sich schon im Vorhinein über die Öffnungszeiten zu erkundigen. Bald öffnet der Bungalow und wir bezahlen den Eintritt für die Besichtigung einer der Höhlen. Wir laufen erst durch einen mit Fackeln beleuchteten Gang und kommen dann an einen Treppenabsatz. Über uns öffnet sich der Vulkankrater und das Tageslicht erhellt die Höhle. Die Wände hier sind moosgrün, bewachsen mit Flechten und Farnen. Weiter hinten werden die düsteren Gewölbe eindrucksvoll durch Strahler in Szene gesetzt. Wo ich hinsehe, gibt es andere Muster zu entdecken. Teilweise erkenne ich Vulkangestein wieder, das aussieht, als würde es immer noch fließen.
Andernorts ähneln die Wände zusammengeknülltem Papier in Grün-, Blau- und Grautönen. Viele Wände scheinen rot vom Eisen und weiße Stalaktiten aus siliziumhaltigen Gestein ragen hervor, wie Eiszapfen oder in Büscheln. Von oben tropft es immer wieder Kondenswasser und Regenwasser, das sich durch Spalten im Boden einen Weg ins Innere der Höhle bahnt. Tief unten in der Höhle gibt es auch einen kleinen See, dessen gegenüberliegende Seite im Dunkeln verschwindet. Die Höhle wölbt sich weiter hinten wie eine riesige Kathedrale und vor Corona fanden hier auch regelmäßig Konzerte statt, weil die Akustik so gut ist.
Als wir wieder draußen sind, fragen wir bei einem Kleinbus und bei einem Pick-Up nach, ob wir mitfahren dürfen. Beide sagen zu und wir sind mal wieder positiv überrascht, wie freundlich alle Leute waren, denen wir begegnet sind. Leon, Mats und ich steigen in den Pick-Up, während die anderen in dem Kleinbus mitfahren. Unsere Fahrerin heißt Rita und neben ihr sitzt Sergio. Sie erzählen, dass sie vor Corona aus Lissabon geflüchtet sind, wo sie normalerweise Kulturevents organisieren. Sie sind sehr begeistert, als wir ihnen von unserem Projekt erzählen, unseren bisherigen Landaufenthalten auf den Kanaren und Kap Verden und vor allem der Tatsache, dass wir trampen. Schließlich steigen wir in Praia aus und verabschieden uns, nachdem wir vorher noch Kontakte ausgetauscht haben.
Bis wir uns alle wieder auf der Thor treffen, haben wir noch Zeit, also beschließen wir, zu einem Café zu gehen. Die Verkäuferin im Mercado duque de braganca hat uns von einer beliebten Süßigkeit erzählt. Einer Art Cupcakes mit ganz vielen Gewürzen. Wir bestellen uns Galao (eine Art Milchkaffee), heiße Schokolade, typisch portugiesisches Schokomousse und die Süße Spezialität namens Dona Amelia. Während wir so gemeinsam vor dem Café sitzen, lasse ich den Tag revuepassieren. Wir haben so viele freundliche und hilfsbereite Leute getroffen, die uns Unterschiedliches von der Insel erzählt haben. Jetzt freue ich mich auf einen gemütlichen Abend in der Messe der Thor Heyerdahl. Ich bin gespannt, was die anderen Gruppen so berichten und ich freue mich auch schon darauf, unsere Erlebnisse zu präsentieren
KUS-Ticker
Freitag, 19.03.2021
Mittagsposition: Hafenbucht bei Praia da Vitoria, Terceira
- 09:30: Aufbruch der Kleingruppen zur eintägigen Expedition über Terceira
- 18:30: Rückkehr der Kleingruppen
- 20:00: Präsentationen, Auswertung der Kleingruppenexkursionen
Samstag, 20.03.2021
Mittagsposition: Hafenbucht vor Praia da Vitoria, Terceira
- 14:00: Auslaufen nach Graciosa
- 20:00: Kinoabend – Projektion aufs Großsegel: Fluch der Karibik 1