Vorbereitungen und Gedanken über den großen Teich

Zwei Tage dauert es noch, dann beginnt sie: die große Überfahrt. Was zunächst nach einem geläufigen Titel aus dem Asterix- Universum klingt, ist tatsächlich in dem Fall der Thor Heyerdahl & Crew die Fahrt von Santiago, Cabo Verde zur Insel Dominica – also einmal quer über den Atlantik.

Damit diese Reise überhaupt in den Bereich des Möglichen fällt, müssen noch allzu viele Vorbereitungen getroffen werden. Ja, die Luft an Bord vibriert förmlich vor Geschäftigkeit und Arbeitsmoral. Stündlich fahren Lastwagen voll schmackhaftem Proviant, Wasser und anderen Köstlichkeiten und Gütern sowie beispielsweise Klopapier neben das Schiff an die Pier und warten nur darauf, von einer Horde motivierter KUSis im Schnelldurchlauf ausgeladen zu werden.

Außer dem Verstauen von Ladung überall im Schiff ist auch im Rigg (das Rigg ist der Teil des Schiffes, der über dem Deck von den Masten getragen schwebt) geschäftiges Treiben zu beobachten: denn tatsächlich wird gerade das Leesegel (ein Segel, das nur für die Atlantiküberquerung für mehr Segelfläche geschaffen wurde) angebracht. Der Vorgang des Aufspannens des Leesegels ist allerdings mit wahrhaftig großem Aufwand verbunden, da dafür eine einige hundert Kilo schwere Stange ins Rigg gehievt werden muss als Verlängerung einer Querstrebe am Schonermast (für Kenner: der Breitfock-Rah). Trotz diesen hohen Schwierigkeiten, denen sie hoch oben ausgesetzt waren, schaffen die Kletterfreudigen unter den KUSis es jedoch mit Bravour, mit einem Arsenal an Laschgurten und Tampen vielerlei Art und Gattung, die Stange hoch schwebend über dem Deck festzumachen.

Was auch ein großer Bestandteil des Vorbereitungsprozesses ist, ist das Brotbacken, das den ganzen Tag noch einnehmen wird. Für jedes einzelne Mitglied der Besatzung wird jeweils ein Brot gebacken, also insgesamt 50 Brote für die Atlantiküberquerung.

So, dies war nur ein kleiner Ausschnitt von all den Vorbereitungen, die in dieser Zeit ausgeführt wurden, und ich habe das Gefühl, der Arbeitsaufwand, der hier geleistet wurde, lässt sich nur schwer in Worte fassen. Was sich auch leider nur schwer beschreiben lässt, sind all die Emotionen und Gefühle, die gerade uns KUSis umschwirren wie Mücken an der Pier: Da ist einerseits diese unbeschreibliche Vorfreude, die unsere Herzen umschließt, und doch auch diese gewisse Unwissenheit, die mit der Vorfreude einhergeht. Es ist beinahe so, als ob vor dir eine verschlossene Schatzkiste steht und nur darauf wartet, von dir geöffnet zu werden. Die Frage ist, was wirst du in der Kiste finden und erfahren? Wird es Seekrankheit und Müdigkeit sein? Werden es Heere an Delphinen und fliegenden Fischen sein, die mit unbeschreiblicher Grazie, Schönheit und Leichtigkeit neben dir vorbeiziehen? Heimweh? Wunderschöne abendliche Vorleserunden? Die Antwort ist: All das und auch so, so viel mehr. Zwar wird es von Zeit zu Zeit unglaubliche Anstrengungen und Eskapaden geben, doch aus jedem Tief trittst du wieder hervor, stärker und reifer als je zuvor. Und ich persönlich kann es kaum erwarten, endlich mit all den Anderen in See stechen zu können, quer über den großen Teich in Richtung der elfenbeinfarbenen Strände der smaragdgrünen Karibik.

Frohes Neues!

KUS-Ticker

Sonntag, der 03.01.2022

Mittagsposition: Liegen im Hafen vor Praia
Lufttemperatur: 24°C Wassertemperatur: 25°C

  • 09:00-17:00 Uhr: Brotbackschaft, Verladen und Verstauen von Proviant und dem Dinghi, diverse Riggarbeiten
  • 10:00-18:00 Uhr: Kammerumzug

Montag, der 04.01.2022

Mittagsposition: Liegen vor Praia
Lufttemperatur: 22°C, Wassertemperatur: 22°C

  • 09:00-16:00 Uhr: Verstauen von Proviant, Letzte Vorbereitungen auf die Seeetappe
  • 16:30 Uhr: Auslaufen aus Praia mit Kurs auf Dominica