Die Wachaufteilung auf der Thor

Ein Segelschiff wie die Thor fährt sich nicht von allein – ist ja klar. Es muss immer jemand das Schiff steuern, Segel setzen und bergen, auf die Sicherheit der Crew achten und Aufgaben im Schiffsalltag wie das Putzen des Schiffes übernehmen. Auf der Thor Heyerdahl sind die Schüler in vier Wachgruppen mit jeweils 8-9 Schülern, einem Wachführer mit Wachführerassistenten aus dem Stamm und einem Lehrer eingeteilt. Jede Wachgruppe hat tagsüber für drei Stunden Fahrwache und nachts für 3 Stunden Nachtwache. Ich beispielsweise habe nachmittags von 14 bis 17 Uhr und morgens von 2 bis 5 Uhr Wache. Durch die Aufteilung in Wachgruppen wird dafür gesorgt, dass wir uns zwischen unseren Wachzeiten genug ausruhen können und nicht übermüdet Aufgaben an Bord übernehmen müssen, denn eine müde und unkonzentrierte Crew ist auf einem Segelschiff dieser Größe eher suboptimal.

Alles klar, aber was machen wir eigentlich während unserer Wache?

Es gibt viele verschiedene Aufgaben, die wir während unserer Wachzeiten übernehmen müssen: Die Offensichtlichste ist natürlich das Segeln bzw. Steuern des Schiffes. Es gibt einen Rudergänger, der das Schiff steuert und sich meistens an einen festen Kurs auf dem Kompass hält und wenn nötig die Ruderstellung korrigiert. Die zwei Ausgucke halten nach Schiffen, Seezeichen und Gefahren im Wasser Ausschau. Diese werden jede halbe Stunde ausgewechselt, damit man bei seiner Tätigkeit nicht unaufmerksam wird. Der Rest der Wache ist für das Segeln zuständig, das heißt Segel setzen und bergen, die Segelstellung zum Wind korrigieren und Segel packen. Außerdem muss immer zur vollen Stunde das Wetter ins Wetterbuch und die aktuelle GPS-Position ins Brückenbuch eingetragen werden. Gestern haben wir auch gelernt, wie man die Position zusätzlich in die Seekarte einträgt, damit wir uns noch orientieren können, falls die elektronischen Systeme ausfallen. Genauigkeit ist hier wichtig! Zu guter Letzt müssen Sicherheits- und Maschinenronden gegangen werden, um nach Wasser oder Feuer im Schiff zu schauen und den Zustand der Maschine zu checken. Das alles klingt jetzt nach total viel, und glaubt mir, das ist es auch!

In meinen ersten Wachen war ich ein wenig überfordert mit den vielen verschiedenen Aufgaben, die zu tun waren, vor allem musste ich ja erstmal lernen, wie man das Wetter und die Position einträgt und wie man Sicherheits- und Maschinenronden geht. Ich denke, da bin ich nicht allein, es ging vielen so wie mir. Inzwischen, nach sieben Tagen auf See, kehrt bei mir jedoch so langsam Routine in die Tätigkeiten ein. Für die Sicherheitsronde brauche ich statt einer halben Stunde nur noch zehn Minuten und das Wetter habe ich jetzt schon so oft eingetragen, dass ich inzwischen ziemlich sicher Windstärke und Windrichtung bestimmen kann. Auch als Rudergänger bin ich besser geworden, ich fahre weniger Schlangenlinien und komme weniger oft vom Kurs ab.

Das einzige, was mir und bestimmt auch vielen anderen aus meiner Wache immer noch schwer fällt, ist das frühe Aufstehen. Damit wir rechtzeitig um 2 Uhr morgens mit Ölzeug auf dem Achterdeck stehen können, werden wir um halb zwei von der vorherigen Wache geweckt. Von zuhause bin ich es gewöhnt, bis mindestens 7 Uhr zu schlafen und jetzt muss ich auf einmal so früh aus dem Bett? Naja, immerhin kann ich nach meiner Nachtwache noch von 5 bis ca. 9 Uhr schlafen.

Alles klar, jetzt habe ich genug von schlechten Seiten der Wache geredet. Mittlerweile, mit mehr Routine und inzwischen auch ohne Seekrankheit, machen mir die Wachen natürlich ziemlich viel Spaß. Besonders schön in den letzten Tagen fand ich den nächtlichen Sternenhimmel auf See. Ohne die ganze Lichtverschmutzung aus den Städten konnte man viele Sterne sehen und sogar Sternschnuppen waren nicht selten. Einfach wunderschön!

Wie ihr sehen könnt, spielen die verschiedenen Wachgruppen eine zentrale Rolle im Bordalltag auf der Thor, und ohne sie würde das Leben hier an Bord deutlich chaotischer sein. Ich hoffe ich konnte euch mit meinem Blog ein wenig näherbringen, wie das Wachsystem auf der Thor funktioniert!

KUS-Ticker

Freitag, 21. 10.2022

Mittagsposition: 51°24,1’N, 001°21,5’E
Etmal: 126 sm
Wetter: bewölkt; Temperatur: Luft 17°C, Wasser 16°C; Wind: SSE 4

  • 11:00 Uhr Ankern vor Margate, England
  • 19:00 Uhr Laptop-Einführung für die Schüler

Samstag, 22.10.2022

Mittagsort: 51°24,4’N, 001°28,1‘E
Etmal: 5 sm
Wetter: bewölkt; Temperatur: Luft 1°C, Wasser 16°C; Wind: SZW 2-3

  • 10:00 Uhr Anker lichten
  • 11:00 Uhr Weiterfahrt in Richtung Portsmouth, England