Organisierte Treffen und politische Gespräche in Kuba

Die kulturellen Eindrücke, die wir hier auf Kuba erfahren, unterscheiden sich völlig von denen, die wir zuhause gewohnt sind. Es ist unglaublich interessant, in eine andere Welt einzutauchen und so viel wie möglich zu lernen und zu versuchen, das unbekannte System hier aus für uns ungewohnten Sichtweisen und Perspektiven zu sehen. Aus diesem Grund hat die ICAP (die kubanische Völkerverständigungsbehörde) Treffen mit Organisationen und Personen organisiert, die im kubanischen System politisch engagiert sind oder sich intensiv mit der Geschichte Kubas auseinandersetzen, um uns genau diese andere Sichtweise näher zu bringen.

Das erste Gespräch fand am zweiten Tag unserer Fahrradtour statt. Gleich am Morgen versammelten wir uns an einem Platz, der Simon Bolivar, einem venezolanischen Freiheitskämpfer, gewidmet war. Wir wurden mit einem strahlenden Lächeln von dem Historiker der Stadt begrüßt, der uns etwas über die Umgebung erzählen sollte. Nach ein paar einführenden Worten deutete er auf die Häuser des umliegenden Wohnviertels. Die Gebäude, die 150 Familien ein Dach über dem Kopf bieten, erklärte er, seien aus einer Geste der Solidarität und dem Zusammenhalt unter lateinamerikanischen Staaten entstanden. Der venezolanischen Präsident Cháves finanzierte den Bau der Häuser, weil das Gebiet vor einigen Jahren von einem besonders starken Hurrikan zerstört wurde. Im Gegenzug sorgte Fidel Castro dafür, dass kubanische Ärzte sechs Millionen Menschen im karibischen Raum, die an einer Augenkrankheit litten, operierten. Abschließend machte er deutlich, dass vieles für uns zwar veraltet und verlassen wirken mag, dafür aber die Werte und der Gedanke dahinter zählen.

Bei unserem zweiten Treffen fanden wir uns in einer komplett anderen Situation wieder. Die Völkerverständigungsbehörde hatte uns an unserem zweiten Tag in Havanna zu ihrem Sitz eingeladen, ein großes, gelbes Haus mit einer von Palmen umgebenen Terrasse, auf der das Interview mit Aleida Guevara stattfinden sollte. Aleida Guevara ist die Tochter aus der zweiten Ehe von Che Guevara, dem Revolutionär und dem Gesicht Kubas, das auf jedem zweiten T-Shirt, zahlreichen Hauswänden und in jedem Souvenirshop wiederzufinden ist. Als Che starb, war seine Tochter gerade mal ein Kleinkind. Trotzdem bewunderte sie ihren Vater und nahm sich ein Beispiel an seinem Lebensweg. Genau wie er studierte sie auch Medizin und ging als Ärztin ins Ausland. Wir kamen kaum dazu, unsere Fragen zu stellen, weil sie mit glänzenden Augen all ihre Erfahrungen und Lebensweisheiten erzählte. Außerdem betonte sie, wie wichtig unsere Reise sei, weil natürlich oft Vorurteile vorherrschen, wenn man fast am anderen Ende der Welt lebt. Ihre abschließenden Worte an uns sind auch für sie wichtigste Aspekte in ihrem Leben: die Liebe, die Solidarität (ein Begriff, der uns häufiger begegnete) und das Lächeln.

Unser letztes Gespräch führten wir gleich anschließend mit einem Funktionär der ICAP, dem Völkerverständigungsinstitut, das uns während unseres Landaufenthaltes begleitet und einige Programmpunkte erst möglich gemacht hat. Uns wurde vor allem die Funktion und Geschichte der Behörde gesagt: Die ICAP wurde von Fidel Castro gegründet, um internationale Kontakte und letztendlich Völkerfreundschaften aufzubauen. Für viele größere Reisegruppen ist ein Aufenthalt auf Kuba nur so möglich, um auch einen Einblick in kubanische Institutionen zu erhalten. Es sorgt für das Programm und die Unterkünfte. Ein Thema, was auch schon einige Male davor aufkam, waren die Einschränkungen durch die USA, die „Blockade“. Wie der Funktionär ausführlich darstellte, hat diese viele Folgen wie die Abschwächung der Wirtschaft und die erschwerte Entwicklung des Landes. Er betonte besonders, dass es für US-Bürger fast unmöglich sei, überhaupt nach Kuba einzureisen, und wenn, meist mit großen Einschränkungen. Beispielsweise sei es ihnen untersagt, in staatlichen Hotels zu übernachten; auch hier helfe die ICAP, passende Unterkünfte zu finden.

Was man aus allen Gesprächen vor allem mitnehmen konnte, ist, dass die Kubaner stolz auf ihre Geschichte sind und gerne von der Vergangenheit erzählen. Wir hatten das Privileg, ein wenig mehr über andere Perspektiven herauszufinden und vielleicht sogar einiges aus unserem gewohnten Leben zu überdenken und anders zu sehen. Dafür bin ich sehr dankbar.