Ein Schiffsrundgang der etwas anderen Art

Stellt euch vor, der Raum, in dem ihr euch gerade befindet, würde von einem Moment auf den anderen anfangen zu schwanken. Welche Gegenstände würden sich welche Flugbahnen und Rutschwege suchen und welche Geräusche würdet ihr dabei wahrnehmen?

Ich möchte euch heute mit auf einen Schiffsrundgang unter Deck bei viel Seegang nehmen. Wir starten in der Messe. Bei jeder Welle gibt es verschiedenste Geräusche und Bewegungen, die sich Welle für Welle wiederholen. Aus dem Tassenregal klingt das Hin- und Herrutschen der kleinen Löffel in den Tassen wie eine klimpernde Melodie. Wenn die Maschine aus ist, könnt ihr außerdem das plätschernde Wasser auf dem Hauptdeck, was sich bei großen Wellen zu einem Rauschen entwickelt, hören. Dazu mischt sich das etwas gequält klingende Rauschen der Lüftung. Bumm. Bumm. Was ist das? Die Wasserpforten auf dem Hauptdeck, die bei sehr großen Wellen aufgeschlagen werden. Tagsüber wird dieses Geräuschserlebnis allerdings oft von einem Stimmengewirr übertönt; solltet ihr also eher eure Ruhe haben wollen, ist die Messe während der Mahlzeiten zu meiden.

Schreitet ihr voran nach vorne, lasst ihr mein Zuhause die „5-Sterne-Premium-Suite“-Kammer 9 rechts und die netten Nachbarn gegenüber von Kammer 10 links liegen und steigt hinter Kammer 7 und 8 über die Bodenschwelle des Schotts. Nun steht ihr vor einem sich stets wandelnden Gang. Abwechselnd von beiden Seiten wird dieser von einer Horde von Ölzeug und Klettergurten versperrt, die keine Rücksicht auf passieren-wollende Menschen nehmen. Habt ihr es geschafft, diesen zu durchqueren, steht ihr vor dem Dorfplatz des Schiffes mit der uralten Dorfeiche, die seit Jahrhunderten jedem Sturm trotzt – unserem Großmast. So stabil wie er ist, gibt er jedoch teils sehr laute knarzende und knackende Geräusche von sich. Zu eurer Rechten müsst ihr euch vor der oft ohrenbetäubend schlagenden Tür von Kammer 5 in achtnehmen, links daneben könnt ihr aber einen sehr prunkvollen Saal betreten – unsere Bordbibliothek. Dies ist ein sehr angenehmer Ort, an dem es bei Seegang aus allen Ecken knarzt und man nur hoffen muss, nicht von einem der vielen schönen Bücher erschlagen zu werden.

Wenn ihr euch jetzt zurück in den Gang begebt und weiter nach vorne auf dem Schiff geht, kommt ihr, wenn ihr eine weitere „Ölzeugwand“ passiert habt, in die Last. Hier erwartet euch ein Konzert von verschiedensten Geräuschen. Innerhalb der Generatorlaufzeiten ist aus dem Generatorenraum vorne rechts das tiefe angenehme Brummen des Generators zu hören. Sonst sind viele hin- und her schwankende Gegenstände wie Gurte oder „Unterkojenaufhalter“ zu sehen, dazwischen gibt es einige herumrutschende Kisten und andere Dinge. Und natürlich klappert und klimpert das alles fröhlich vor sich hin. Wenn ihr Pech habt und die Last besucht, während die Osmoseanlage läuft, bekommt ihr von diesen Geräuschen leider nur sehr wenig mit, da diese mit ihrem lauten Rattern alles andere übertönt.

Zuletzt fehlt euch noch ein Ort, der bei Seegang schon aus der Ferne unschwer zu hören ist: die Kombüse. Um zu dieser zu gelangen, geht ihr aus der Last zurück in Richtung Bibliothek und steigt den Niedergang nach oben. Am Sanitärbereich vorbei müsst ihr geradeaus durch das Schott steigen, dann seid ihr da. Hier ist ordentlich etwas los: Der Plastikmüll schwankt hin und her, genauso wie die Koch- und Bratwerkzeuge über Bräter und Herd. Dazu rutschen jegliche Gegenstände in den Unterschränken, wie Schneidebretter, Eimer, Töpfe oder Messer, was die Kombüse zu keinem sehr ruhigen Ort macht.

Ich hoffe, ich konnte euch hiermit einen Einblick geben, was eure Sinne bei starkem Seegang mittschiffs an Bord der Thor Heyerdahl wahrnehmen würden.

KUS-Ticker

Mittwoch, 27.03.2024

Mittagsposition: 40°41’N; 023°51’W
Etmal: 138 sm
Wetter: Lufttemperatur: 12°C, Wassertemperatur: 14,5°C

  • 20:00 Uhr: Vorleseabend in der Bibliothek

Donnerstag, 28.03.2024

  • Ganztägig: Seemanns-Sonntag mit Rührei
  • 15:00 Uhr: Kaffee und Kuchen mit Keksen
  • 19:00 Uhr: Schiffsversammlung