Schlafen unter Sternen

Schlafen unter dem Sternenhimmel mitten auf dem Atlantik ist besonders. Noch besonderer ist es aber, wenn man weiß, dass die Weihnachtszeit so langsam richtig beginnt und morgen der 6. Dezember ist. Am Montagabend beim Abendessen ging das Gerücht um, dass uns der Nikolaus in dieser Nacht eventuell einen Besuch abstattet, wenn wir unsere Gummistiefel unter unseren Haken im Flur stellen. Als ich abends nochmals durchs Hauptschiff gelaufen bin, nachdem wir in kleinerer Gruppe Tagebuch auf dem Deckshaus geschrieben hatten, standen unter allen Haken Gummistiefel, Wanderschuhe und einmal sogar Flip-Flops. Mal sehen, ob der Nikolaus wirklich kommt…

Das habe ich mich gefragt, als ich in meine Kammer gegangen bin, um meine Isomatte und meinen Schlafsack zu holen, um damit auf der Ladeluke zu schlafen. Die Ladeluke ist eine große Öffnung zum Zwischenboden vor dem Deckshaus. Unter ihr sind zum Beispiel unsere ganzen Fahrräder für die Fahrradtour auf Kuba verstaut und auf der geschlossenen Ladeluke „wohnt“ das Rescue-Boat. Auf der ersten Etappe lag auf der Ladeluke auch noch das etwas kleinere Dingi, aber da wir dies auf Teneriffa abgebaut haben, ist die Backbordseite jetzt ein super Platz, um dort zu schlafen. Manche haben bis jetzt auf dieser Etappe nur ein paar Mal oder sogar gar nicht in ihrer Koje übernachtet, da es schon sehr viel schöner ist, draußen anstatt in der stickigen Kammer zu schlafen.

Zu dem Zeitpunkt, als ich meine Sachen geholt habe, wusste ich eigentlich noch gar nicht, ob ich überhaupt einen Platz zum Schlafen bekomme, da die Ladeluke wirklich sehr beliebt ist. Außerdem gibt es mittlerweile kaum noch Plätze, wo man seine Hängematte aufhängen kann. Das liegt daran, dass auf der Back (ganz vorne an Deck), wo man gut in der Hängematte schlafen kann, jetzt der Pool steht (was natürlich auch nicht schlecht ist) und das Hauptdeck voller Tische für Mahlzeiten und Unterricht ist. Man kann auf der Ladeluke zu sechst sehr angenehm schlafen, aber in dieser Nacht haben wir, glaube ich, zu neunt oder zehnt dort geschlafen, was dann sehr gemütlich war. Obwohl es oft sehr eng ist, schlafe ich meistens erstaunlich gut. Man sieht einen sehr beeindruckenden Sternenhimmel, hört die ganze Nacht das Meeresrauschen und die Wellen, die gegen den Rumpf schlagen und danach übers Deck laufen. Wenn man rechtzeitig aufwacht, sieht man jeden Morgen tolle Sonnenaufgänge. Leider hat die Ladeluke auch ein paar kleine Nachteile: Zurzeit sind öfter Segelmanöver und auch wenn die Wachen versuchen, leise zu sein und dafür sogar Handzeichen als Kommandos nutzen, wacht man leider doch meistens auf. Ein weiterer kleiner Nachteil ist die Schiffsbewegung. Wenn die Thor bei einer größeren Welle etwas mehr schaukelt als sonst, kommt es vor, dass man die sowieso schon etwas schräge Ladeluke nach unten rutscht und dann ab und zu aufstehen muss, um sein Zeug wieder nach oben zu räumen. Außerdem ist es schon vorgekommen, dass man plötzlich ein leises Klatschen neben sich hört und Besuch von einem fliegenden Fisch bekommt. Neulich ist sogar einer direkt auf dem Kopfkissen von einem Schüler gelandet. Die Nacht hat er dann lieber auf sein Kopfkissen verzichtet… Nachdem man dann angenehm in den Schlaf gewogen wurde, wacht man oft früher als geplant auf, da die Sonne ja schon um circa sechs Uhr aufgeht. Andererseits lohnt es sich wirklich, die Sonnenaufgänge von der Ladeluke aus zu beobachten, weil jeden Morgen ein einzigartiges und individuelles Naturspektakel zu sehen ist.

Wie vorhin schon erwähnt, wurden in den letzten Tagen öfters die Segel geborgen und kurze Zeit später auch wieder gesetzt. Das liegt daran, dass die Passatwinde momentan ein wenig eingeschlafen sind und leider nicht durchgängig ausreichen, um zu segeln. Wenn wir nur noch eine Geschwindigkeit von wenigen Knoten haben, also nur ein paar Seemeilen pro Stunde fahren, müssen wir leider doch die Maschine anmachen, um rechtzeitig in der Karibik anzukommen. Logischerweise macht es nur wenig Sinn, die Segel gesetzt zu lassen, wenn wir die Maschine starten, da sie sonst einen unnötigen Widerstand erzeugen würden. Als einzige Segel bleiben das Schoner- und das Großsegel mittschiffs gesetzt, um das Schiff zu stabilisieren.

Nachdem ich die Nacht auf der Ladeluke verbracht hatte, wurde ich um 05:45 Uhr zu meiner Backschaft geweckt. Ich bin aufgestanden und war natürlich gespannt, ob ich etwas in meinem Gummistiefel finde. Und tatsächlich kommt der Nikolaus sogar mitten auf dem Atlantik und all unsere Stiefel waren gefüllt mit Lebkuchen, Schokolade, einer Orange und einem netten Brief vom Nikolaus. Ich habe mich sehr gefreut und bin mit einem Lächeln in meinen Tag gestartet.

KUS-Ticker

Montag, 05.12.2022

Mittagsposition: 12°23,7’N; 042°35,2’W
Etmal: 124,3 sm
Wetter: leicht bedeckt; Temperatur: Luft 29,5°C; Wasser 27°C; Wind: E 3

  • 08:00 Uhr Start Brotbackschaft
  • 12:30 Uhr Adventsliederrätsel mit Miri und Franzi
  • 18:00 Uhr Abendessen mit kulturellem Beitrag von Wache 3
  • Regulärer Unterrichts- und Wachbetrieb

Dienstag, 06.12.2022

Mittagsposition: 12°22,5’N; 044°22,4’W
Etmal: 105,4 sm
Wetter: mäßig bedeckt; Temperatur: Luft 31°C; Wasser 28°C, Wind: SE 2-3

  • 12:30 Uhr „Oh wie schön ist Panama“ als Adventsbeitrag von Alex, Felix und Lisa
  • 15:00 Uhr Kaffee und leckeres „Schneegestöber“ von den Proviant-Praktikanten
  • 18:00 Uhr Segelsetzen Aller Rahsegel, Großstengestagsegel und Großtoppsegel
  • Regulärer Unterrichts- und Wachbetrieb